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Plattenkiste Juni 2024

Jan 0
geschätzte Lesedauer: 7 Minuten

Bin ich mit der Plattenkiste Juni 2024 schon wieder so weit in den Juli gerutscht? Angelegt hatte ich den Beitrag schon lange. Und die ersten Reviews waren auch schon geschrieben. Aber dann verließ mich doch die Motivation und dann dauerte es wieder, bis ich die Lust am Schreiben gefunden hatte.

Aphex Twin – Selected Ambient Works II (Enhanced Edition)

Wenn jemand die Fangemeinde von Aphex Twin fragt, was er veröffentlichen soll, kommen erst mal die üblichen Verdächtigen. Sie wünschen sich einen breiten Zugang zu alten Werken, die nur hochgradig limitiert oder von denen nur Demos existieren, wie z.B. Melodies from Mars oder die Analogue Bubblebath 5. Dann kommt noch eine Auswahl des Soundcloud-Dumps.

Interessanterweise kommt dann schon der Wunsch nach einem Repress der Selected Ambient Works II. Und das aus zwei Gründen. Zum einen, weil das Vinyl nicht die Qualität hatte, die sich die Fans gewünscht haben. Selbst als der Repress auf schwarzem Vinyl kam, waren viele unzufrieden. Außerdem wäre da noch der unveröffentlichte Track, der auf der CD-Version nicht vorhanden ist.

Da sich jetzt das 30-jährige Jubiläum nähert, machte Warp Records ein Event daraus. So kommt jetzt nicht nur eine Neuveröffentlichung, sondern die CD-Ausgabe wird um den fehlenden Track bereichert. Für Sammler wird es eine Spezialausgabe geben, die in einer Eichenbox erscheint, mit einer geätzten Kupferplatte mit dem Aphex Twin Logo. Kostenpunkt 350 Euro und damit 290 Euro mehr als die normale Vinylausgabe.

Damit das Konzept rund wird, kommen noch zwei Tracks vom Soundcloud-Dump mit dazu. Fast hätte es mich doch in den Fingern gejuckt, die limitierte Ausgabe zu kaufen. Aber warum habe ich dann doch die Finger davon gelassen.

Zum einen habe ich im Bleep-Store von Aphex Twin den fehlenden Track Stone In Focus schon vor ein paar Jahren heruntergeladen. Da ich den kompletten Dump auch habe, fehlt mir kein Track. Deshalb wäre nur die Frage, ob ich mir die Box gönnen soll? Als ich 2007 die Analord-Serie für ca. 7-10 Euro das Stück kaufte, war die Welt noch in Ordnung. Die Platten habe ich während der Pandemie für stellenweise bis zu 60 Euro das Stück verkauft. Von daher wäre der Faktor Wertsteigerung schon relevant. Wenn die Box jetzt schon 350 Euro kostet, was soll sie dann in 10 Jahren kosten? 500 Euro oder gar 1000 Euro? Und wer will so viel für die Box ausgeben? Also ist die Box wirklich nur für Sammler und ihren Eigenbedarf interessant.

µ-ziq - Grush

µ-ziq – Grush

Vielleicht war die Vorrede der perfekte Übergang zum nächsten Künstler, der mit einem neuen Werk startet. Seit mittlerweile 10 Jahren veröffentlicht Mike Paradinas wieder kontinuierlich neue Musik nach einer langen Pause. Vierzehn neue Titel warten auf seine Fans und ich bin immer wieder hin- und hergerissen.

Er hat denen freien, offenen Stil der Chewed Corners weiter beibehalten und stilistisch darf man bei Grush keine Sprünge seit seinem letzten Album erwarten. Mike enttäuscht nicht, aber nach seinem Album 1977, das auf Balmat erschien, hatte ich gehofft, dass er doch weiter experimentiert.

Sein Projekt µ-ziq war immer das, was mir am besten gefiel und das auch nach wie vor ist. Ich würde mich gern in die Lage versetzen, wie es ist, jetzt seine Musik komplett neu zu entdecken. Wie es wäre, noch nie was von µ-ziq gehört zu haben und mit Grush einzusteigen. Und wie es dann wäre, wenn ich mich in die Vergangenheit vorarbeite. Ob ich dann wohl seine frühen Arbeiten mögen würde?

Skee Mask - ISS010

Skee Mask – ISS010

Manche würden sieben Titel ein Album nennen. Für Skee Mask ist es eine EP. Und Ilian Tape als Host lädt ein, die Ilian Skee Series Nummer 10 zu entdecken – oder kurz ISS010. Bryan Müller ist ein Genie, wenn es darum geht, um seine Sounds vielfältige Drumpatterns zu wickeln.

Den Beweis, dass das auch im Techno-Bereich geht, tritt er mit seiner neuen EP an. Die ISS010 ist straight forward und liefert Skee Mask Sound im 4/4-Bereich. Verdubbt, sphärisch, monoton, alles geht. Wie ein buntes Bällebad.

Skee Mask - Resort

Skee Mask – Resort

Hatte Skee Mask nicht Anfang des Jahres etwas von einem Überraschungsalbum gesagt? Ich hatte vermutet, es wäre die C gewesen, aber Irrtum. Zwölf neue Stücke gilt es auf der Resort zu erkunden. Und was Alben angeht, ist Skee Mask anders drauf.

Er lässt es erst mal gemütlich angehen und wandert im zweiten Track langsam in Richtung SAW II. Könnte eine harmonische Referenz darauf sein. Wie der Typ seine Drumpatterns kreiert, möchte ich auch mal wissen! Da rummst die Bassdrum irgendwie planlos herum, zwischen rattern die Snare und mal ist es hochauflösend, manchmal schlurft es ziemlich LoFi herum. Entstehen die Sounds on top, oder entsteht in seinem Kopf dann immer gleich das Komplettpaket?

Déjà vu? Habe ich den Daytime Gamer schon mal gehört? Nicht bewusst, aber der Track klingt so vertraut, als wäre das ein Stück, was ich schon vom Anfang des Jahrtausends kenne. Irgendwas wie ich in meinen ersten Podcasts verarbeitet habe. Die größte Gemeinheit hebe ich mir zum Schluss auf. Dass Richard James nicht mehr der Jüngste ist, sollte jetzt nicht die Neuigkeit sein. Deswegen erwarte ich da auch nichts mehr, aber Skee Mask hat den Staffelstab längst übernommen und stürmt weiter.

Brendon Moeller - Vacuum

Brendon Moeller – Vacuum

Die neue Brendon Moeller trug den Tag Drum & Bass und das machte mich extrem neugierig. Nach dem ersten Hören war sofort klar, dass ich die Scheibe haben muss. Bisher kannte ich seine Werke eher so als Dub inspiriert. Daran hatte sich auch mit der Vacuum nichts geändert. Obwohl so richtig neu ist der Stil für ihn auch nicht. Die Pathways klang schon so ähnlich.

Auf der Vacuum sind fünf Tracks zu finden, die alle mit Broken Beats arbeiten. Je nach Stimmung variiert das Tempo zwischen langsam oder schnell, kommt ganz darauf an, welchen Beat man mitnimmt. Damit es nicht so dominiert, läuft der Beat sehr subtil, etwas LoFi. Darauf platziert Brendon Moeller Schichten aus Echos und Geknusper. Ein verträumte Reise im Nichts.

Cristina Lazic - Plan B

Cristina Lazic – Plan B

Wenn der Plan B von Cristina Lazic so aussieht, dass sie einen Release bei Satya rausbringt, na dann Herzlichen Glückwunsch, denn was kann denn Besseres passieren. Cristina war schon früher bei Im Orbit vertreten, genau wie die ersten Releases von Satya. Da der Output von Satya bis auf wenige Ausnahmen konsequent gut ist, ist das Label bei mir mittlerweile unter Dauerbeobachtung.

Insgesamt sind es vier Tracks geworden. Alles feinster Tech-House. Bei zwei Tracks hat sich Cristina Verstärkung dazu geholt, denn bei Les Filles war Francesco Mami mit am Werk und Sepp lieferte einen Remix von Plan B ab, der dem Track etwas mehr House abgewinnt, als das Original.

Nuron - Blanchimont

Nuron – Blanchimont

Eigentlich kann ich diesen Review ziemlich kurz fassen. Nuron veröffentlicht Blanchimont auf De:Tuned. Nachdem vor zwei Jahren seine DAT-Tapes herausgebracht wurden, ist es jetzt eine EP mit drei Track. Während die Tracks von damals noch etwas alt und dumpf klangen, scheint es sich bei den vorliegenden Tracks um neues, frisches Material zu handeln. Und ich höre so gern diesen schönen verträumten Detroit-Sound.

SND & RTN - Tales From The Outer Rim

SND & RTN – Tales From The Outer Rim

Ich gehe mal davon aus, dass SND & RTN nichts mit dem Sheffielder Duo SND gemeinsam hat. Und damit sind wir schon mitten drin im ersten von den beiden Lempuyang Releases für die Plattenkiste Juni 2024. Von SND & RTN hören wir die Tales From The Outer Rim.

Vier Stücke voller Deepness und Echos. Was bei diesem Release auffällt ist das Cover. Sind gewöhnlich Balinesen bei ihrer Praxis zu beobachten, ist es diesmal das Meeresleuchten, dass von Einzellern im Meer hervorgerufen wird. Darüber strahlt hell die Milchstraße. Wenn das der Soundtrack zu diesem Bild ist, passt beides perfekt zusammen.

Rothcord - From Behind The Pass

Rothcord – From Behind The Pass

Mit ist aufgefallen, dass es nach der langen Zeit, wo ich mich beklagt hatte, dass es schon fast zu wenig Dub-Techno gibt, nun mittlerweile eine Fülle an Labels gibt, die konsequent diesen Sound verfolgen. Dazu gehören Lempuyang und das zugehörige Sublabel Sanghyang Dedari. Da ist jetzt der Dreiteiler From Behind The Pass von Rothcord erschienen.

Ich habe noch nicht herausgefunden, was das Kriterium ist, wo die Grenze zwischen beiden Label ist. Aber gefühlt schiebt Sanghyang Dedari die Beats mehr in den Hintergrund und lässt eher den Echos der Chords den Vorrang. Also wäre für heutige Verhältnisse die Vibrant Forms mit Sicherheit bei Sanghyang Dedari erschienen.

Peggy Gou - I Hear You

Peggy Gou – I Hear You

Ich finde das Phänomen Peggy Gou hochinteressant. Im Grunde war sie schon eine ganze Weile da. Immer habe ich mal was von ihr gehört und fand das auch nicht schlecht. Und dann kommt da plötzlich ihr Debütalbum I Hear You heraus und die Auskopplungen laufen im Radio. Und dazu gehört dann auch noch eine Kollaboration mit Lenny Kravitz.

Ist Peggy Gou über Nacht zum Weltstar geworden? Nicht zwangsläufig. Das allgegenwärtige I Go erschien bereits 2021 auf ihrem Label Gudu Records. Außerdem gab es dann noch etliche Veröffentlichungen auf Rekids und Ninja Tune. Und wenn man dann noch !K7 eingeladen wird, einen Mix für ihre DJ-Kicks-Serie zu veröffentlichen, ist das quasi die Einladung in die Hall Of Fame.

Nun ist es also da, das Debüt auf XL Recordings. Auf der einen Seite finde ich es angenehm zu hören. Es ist nicht komplex, sondern verspielt. Irgendwo zwischen Einflüssen des House und des Eurodance. Und damit unglaublich radiotauglich. Aber was das Album für mich richtig charmant gemacht hat, waren die zwei Stücke Lobster Telephone und Seoulsi Peggygou. Sich von einem Stil beeinflussen lassen, ist das eine. Aber trotzdem sollte die Musik immer noch erzählen, wer du bist und nicht umgekehrt.

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