Für Sonic Future April 2025 liegt schon einiges an Material vor. Viele Labels veröffentlichen die Musik aber unter Embargo, d.h. ich darf die Texte dazu erst freischalten, wenn es vom Label erlaubt ist.

Lawrence Hart – Come In Out Of The Rain
Zugegeben, ich hatte das Album Come In Out Of The Rain schon im Januar angehört und da es nur als Stream auftauchte, war es für mich schon fast wieder aus dem Sichtfeld verschwunden. Dann kam eine liebe Mail, die mich daran erinnerte, doch noch mal das Album aufzugreifen, da es am 4. April auf Double Six erscheint.
Ich muss zugeben, das Album ist catchy. Der Opener Lotus Bloom lässt noch nicht viel erahnen, aber spätestens bei NoMoreLuv4u brennt die Tanzfläche. Lawrence Hart mit seinem Debütalbum macht alles richtig. Alben erzählen Geschichten, haben einen roten Faden, der sich durch alle Titel zieht oder zeigen, welches Spektrum ein Künstler hat. Lawrence zieht ein bisschen an jedem Register. Die Titel sind intensiv genug, dass sich der Garage Beat im Laufe der 12 Titel nicht so schnell abnutzt. So bleibe ich bei jedem Titel hängen. Ich will schon wissen, was mich im nächsten Track erwartet, aber trotzdem ist aktuelle so spannend, dass ich nicht skippen will. Und da hat man als Künstler schon viel erreicht, wenn ich als Hörer von jedem Track so gefangen werde. Um einen Eindruck vom Album zu gewinnen, empfehle ich NoMoreLuv4u, Closer To You oder Just Belong.
Bemerkenswert in der Biographie von Lawrence Hart finde ich zwei Sachen. Zum einen seinen Großvater, der in den späten 1940er Jahren in Manchester den ersten Rechner baute, der sein Programm elektronisch gespeichert hatte. Klingt aus heutiger Sicht wenig spektakulär, lockte aber damals Alan Turing an, der auch ein Programm für diesen Rechner schrieb. Der andere Fakt, der mich begeisterte, war die Tatsache, dass Lawrence Hart Jazztrompete studiert hat und damit auch in New Yorker Jazz Clubs aufgetreten ist. Mich fasziniert die Kombination aus Musikwissen und Computerhistorie, aber es zeigt mir auch, dass es heute nicht mehr ausreicht einfach ambitioniert zu sein. Um so ein Album zustande zu bringen, muss man schon die notwendige Ausbildung mitbringen.

Paul van Dyk – This World Is Ours
Mehr als 30 Jahre ist es her, da träumte Paul van Dyk von einem grünen Tal. Heute hat er die Welt im Blick, aber er möchte sie mit uns teilen. Deswegen auch der Titel seines neuen Album This World Is Ours. Aus dem Matthias Paul aus Eisenhüttenstadt im Osten Deutschlands ist ein Weltbürger geworden. Und so sieht auch sein Tourplan für die passende Tour aus – Schweiz, Polen, Tschechien, USA, Mexiko usw.
Wie viele andere Künstler experimentiert Paul van Dyk auf diesem Album mit künstlicher Intelligenz. Aber nicht im Sinne, dass die KI in Zukunft uns alles abnimmt und wir uns nur noch zurück lehnen müssen. Nein, er möchte KI als transformative Kraft verstanden wissen, die uns voran bringt. Also eher das Werkzeug zum Fortschritt, statt als Sklave der Maschine. Und so gesehen, bringt der Albumtitel eine ganz neue Sichtweise. This World Is Ours – Not Yours.
Für die 15 Titel hat Paul van Dyk mit verschiedenen Künstlern zusammengearbeitet, die alle unterschiedliche Aspekte der KI einfließen lassen. Es gipfelt im letzten Track Poem, wo Paul die KI anwies ein Gedicht über das Meer mit positiver Perspektive zu schreiben. Ein emotionales Stück aus dem Sprachmodell einer Maschine.
Mit seinem fünfzehnten Album blickt Paul van Dyk nun auf 30 Jahre Arbeit zurück. Angefangen hat es auf MFS und nun erscheint am 11. April auf seinem eigenen Label Vandit Records nach 5 Jahren Pause This World Is Ours. Und es ist ein richtig gutes Album. Ein paar Titel, die ich jetzt schon im Streaming gehört habe, kommen in der Albumversion doch etwas ruhiger daher. Mein heimlicher Favorit ist das neuneinhalb Minuten lange Stück Against The Algorithm, das in dieser hektischen Zeit die Ruhe und Geduld hat, sich perfekt aufzubauen, um genau zum richtigen Zeitpunkt zu zünden.

Enrico Sangiuliano – Discipline EP
Am 17. April erscheint die Discipline EP, eine Zusammenstellung von Enrico Sangiuliano, Zimmz und Secret Cinema auf NineToZero. Auch wenn es nur drei Stücke sind, kommt der Titel EP doch hin, denn mit über 20 Minuten Laufzeit ist das schon Extended Play. Der erste Track gebührt Enrico Sangiuliano. The Techno Code – der Titel weckt schmerzliche Erinnerungen. Als Anfang der 1990er die erste Techno-Welle über Deutschland hinwegrollte, riss sie auch etwas Müll mit, der auf mittelmäßige Compilations gespült wurde. Ich sag nur Teschnozabel / Headbanger – Was is’n Teschno? Sollte ich mir mal merken, falls ich noch eine Episode über Deppentechno machen sollte. Enrico geht das etwas ernsthafter an, aber es gab etliche Songs aus der Zeit (siehe: Music Instructor – Hymn), die dem gleichen Schema folgte: Eine Stimme sagt an, was als nächstes im Song passiert. Von daher bin ich da sehr negativ vorbelegt.
Da kann ich schon viel unvoreingenommener an den zweiten Titel herangegen. We Build And Reset. Auch wenn ich etwas anderes verstehe, ist der Titel unglaublich gut. Die Hookline könnte die Handbremse doch etwas mehr lockern und etwas mehr in den Overdrive gehen. Dennoch – der Track ohne Schnörkel und straight forward. Aber mein heimlicher Favorit ist der vorletzte Track. You Know What I Was Thinking hat nicht so auf den Tisch, sondern spielt mit deinen Hirnwindungen. Ganz subtil schleicht sich der Track in die Synapsen, legt sie in Schleifen, lächelt dabei und verschwindet ganz hinterrücks wieder. Und ich sitze da, möchte ihn gleich noch mal hören.
Weswegen habe ich drei Songs geschrieben und es sind trotzdem vier? Weil es den Techno Code noch mal als Edit gibt. Ohne Kommentar! Zumindest gibt es einen Bonuspunkt für das Cover, was aussieht wie eine Schablone für Bauteile. Aber durch seine Reduktion auf drei Farben (schwarz, grau und grün) passt es super zur Musik.

Dark Heart – XYZ
Ein bisschen Disco-Sound gefällig? Und das auf TrueSoul? Am 18. April? Geht schon und diesmal kommt auch ein bisschen mehr Material zusammen, als auf den vorhergehenden Releases. Diesmal kommt die Musik aus den USA, von dem aus Indiana stammenden Dark Heart.
Der erste Track XYZ reißt mich noch nicht mit. Zu viel Buchstabengewirr. Dafür ist Damn Good wirklich damn good. Dreht gut hoch, vielleicht einen Ticken zu hoch. Liebes Label TrueSoul, bitte mehr Techno, weniger EDM! Denn genau da ist die Grenze, die hier wieder niedergerissen wird. Zum Schluss kommt die sprichwörtliche Cigarette danach. Der Song schaltet einen Gang runter, aber die aus L.A. stammende Sängerin Amarha setzt den Stil des ersten Tracks fort.

David Castellani – Self Saboteur
David Castellani ist schnell unterwegs. Zumindest kommt es mir im ersten Moment schnell vor. Aber hier liegt mal wieder Techno vor. Die Scheibe mit den zwei Titel heißt Self Saboteur und bringt die beiden Stücke Unforgivable und Take The Blame mit. Klingt ziemlich schuldbelastet und im Kontext des Releases reißt es so richtig nach unten.
Blicken wir mal über die Beats und Hihats hinweg und hören der Stimme von Brittney Vandal zu, welche die spärlichen Vocals beisteuert. Aber mehr braucht es hier auch nicht. Manchmal braucht es doch nur den treibenden Beat. Mit den beiden Tracks ist es jetzt auch nicht wirklich viel, aber mehr würde der Scheibe eher schaden, als nützen. Erscheinen wird Self Saboteur am 18. April auf seinem Label Noetic.

Abstraxion – Void Sequence
Noch einer, der am 18. April eine EP veröffentlicht. Abstraxion steht mit der Void Sequence am Start, die auf seinem Label Biologic Records erscheint. Was mich initial schwer irritierte, war das Cover. Eine Fantasie aus fliegenden Pferden und frühe Neunziger Rendergrafiken in Bonbonfarben. Wie hieß dieses Programm noch mal – Terragen?
Aber vielleicht ist das Cover mit dem sich mir die Musik erschließt. Denn die lastet auch schwer auf den 1990ern. Ich finde das Stottern der Vocal-Samples ja schon fast putzig. Wenn man damit aufgewachsen ist, klingt es natürlich nicht mehr neu und innovativ. Aber halt auch nicht langweilig, weil es pure Nostalgie ist, die sich über die vier Tracks erstreckt. Und sich so zusammenzureißen, nicht ewig viele Effekte auf die Spuren zu kleben, sondern den Sound einfach laufen zu lassen, weil es auch mal gut klingt, wie es ist, hat meinen Respekt.