Wir sind durch mehrere Flugausfälle verspätet im Senegal angekommen, haben dort die ersten Tage hinter uns gebracht und sind nun an der Grenze zu Gambia.
Gambia ist ein Land entlang des gleichnamigen Flusses und wird komplett vom Senegal umschlossen. Glaubt man der Geschichte, sind die Grenzen Gambias so entstanden, das britische Soldaten mit einer Kanone vom Boot aus geschossen haben haben und dort wo die Kugel landete, war die Grenze zwischen Senegal und Gambia.
Grenzübertritt von Senegal nach Gambia
Wie auch bei unserer letzten Reise spürt man eine gewissen Spannung zwischen Senegal und Gambia. Natürlich ist da primär die Sprachbarriere der offiziellen Sprache. Französisch auf der Seite Senegals, englisch auf gambischer Seite. Natürlich wird auch hier Wolof als lokale Sprache gesprochen.
Zoumana warnt uns vor – es kann an der Grenze lange dauern. Schon im Reiseführer steht, dass in Senegal eine Gebühr von 5.000 XOF (westafrikanischer Franc) fällig wird, die wir dann auch zahlen müssen. Nach ein bisschen hin und her, geht es doch relativ zügig. Auf gambischer Seite wird es etwas durcheinander. Erst versucht Zoumana mit allen Reisepässen in der Hand einen Sammeltransfer zu machen. Geht nicht, also müssen wir uns einzeln anstellen. Kriszta kommt sofort durch, bei mir wird das komplette Programm fällig: Fingerabdrücke, Bild machen, Gelbfieberimpfung kontrollieren.
Es macht sich Überraschung breit – Gelbfieberimpfung? Einige haben den Impfpass im Bus gelassen, manche sogar im Koffer. Und gewisse Spezialisten haben nicht mal eine. Natürlich erregt die aufkommende Lebendigkeit der Weißen im Zusammenhang mit der Impfung die Aufmerksamkeit der Grenzkontrolle, die daraufhin alle kontrolliert. Fehlende Nachweise können durch eine „Gebühr“ ausgeglichen werden.
Am Seitenarm des Gambiaflusses
Alles in allem sind wir trotzdem relativ schnell fertig und können zur AbCa’s Creek Lodge fahren. Wie immer werden zu Beginn die Zimmer verteilt. Wir sind etwas enttäuscht. Ein relativ kleines Zimmer, das Bett ist direkt an die Wand gemauert. Kriszta ist unzufrieden, aber es gibt keine freien Hütten in der Kategorie. Also zahlen wir 40 Euro für zwei Nächte für das Upgrade. Jetzt haben wir ein riesiges Zimmer direkt unten am Flussarm.
Dafür müssen wir auch nicht jeden Abend mehrere Gläser Wein oder Bier trinken. Als wir am Schluss die Rechnungsbeträge mitbekommen, waren wir mit Upgrade und Getränken ungefähr in der Preiskategorie wie die anderen mit ihren Getränken.
Wir haben einen richtig schönen Abend in der Lodge und entgegen der Vermutung sind hier kaum Mücken unterwegs. Auch der nächste Morgen beginnt entspannt. Irgendwann nach dem Frühstück sucht sich jeder ein Fahrrad aus und wir fahren mit dem Fahrrad nach Bintang. Dieser Ort ist nach dem Seitenarm des Gambia-Flusses benannt. Und unsere Lodge wiederrum liegt an einem Seitenarm des Seitenarms.
Wir beobachten die Einwohner bei ihrer täglichen Arbeit. Frauen fahren mit Booten zu den Mangroven und sammeln dort die Austern, die sich an den Wurzeln der Pflanzen sammeln. Diese werden anschließend mehrere Stunden gekocht, dann aus ihrer Schale geholt. Die Schale wird dann gemahlen und zum Hausbau verwendet, während die gekochten Austern jetzt haltbar sind und als Nahrungsmittel dienen.
Unterwegs zum Dorf kommen wir an einer Verladestation für Erdnüsse vorbei. Die Menschen sind scheu, wollen nicht fotografiert werden. Aber wir erfahren, dass ein 50kg Sack je nach Saison ungefähr $50 bringt. Wenn man bedenkt, dass man bei uns selbst für die Dumping-Preis-Erdnüsse einen Euro für 100g zahlt, weiß man, wo das Geld bleibt.
Zum Mittag sind wir wieder in der Lodge und probieren einheimische Fischgerichte mit Erdnusssoße. Nachdem wir die ganzen Abende zuvor eher westliche Küche zu essen bekommen haben, ist das ein Genuss. Für den Nachmittag ist eine Bootstour auf dem Seitenarm an der Lodge gedacht. Da die Ebbe einsetzt, die selbst tief im Land noch sichtbar niedrig ist, starten wir nicht allzu spät. Natürlich sind tagsüber alle Tiere in ihren Verstecken und wir sehen vergleichsweise wenig.
Fischmarkt in Tanji
Wir haben noch einen schönen Abend in der Lodge und am nächsten Morgen fahren wir auf der Hauptstraße Richtung Küste. Ziel ist Tanji, wo wir den Fischmarkt besuchen. Es ist ein wildes Getümmel direkt am Strand, es stinkt nach Fischresten und hätten wir uns nicht die Tage zuvor mit dem Thema Fischfang vor Gambia und Senegal beschäftigt, wäre es einfach ein buntes Erlebnis gewesen.
Etwas zum Hintergrund des Fischfangs. Nachdem die EU in ihren Grenzen die Fangquoten geregelt hatte, musste der Fisch für den europäischen Markt irgendwo anders herkommen. Also schloss man mit Senegal und Gambia Verträge an, um vor deren Küste Fische zu fangen. Im Gegenzug würden Fabriken und Häfen gebaut werden. Klang nach einem verlockenden Deal, aber es stellte sich schnell raus, dass die Fische verschwanden und die gebauten Anlagen für keinen wirtschaftlichen Aufschwung sorgten.
Mit riesigen Schleppnetzen wurde alles leergefischt. Und nachdem nichts mehr zu holen war, kamen die Chinesen und fischten die kleinen Sardinen, um sie zu Fischmehl zu verarbeiten und damit ihre gigantischen Fischzuchtanlagen zu befüttern. Als Ergebnis müssen die Fischer in ihren bunten Booten nun oft tagelang auf dem Meer sein, um überhaupt ein erträgliches Ergebnis zu haben.
Für viele bricht damit ihre Lebensgrundlage zusammen und sie hocken sich zu Dutzenden in die großen Boote, die fast einen Monat unterwegs sind, um auf den Kanaren anzukommen.
So gesehen war der Fischmarkt einfach nur traurig anzusehen, wie die Frauen um jeden Fisch kämpfen, der an Land gebracht wurde, um ihn anschließend zu verkaufen.
In der Nähe von dem Fischerdorf ist noch ein Künstlerdorf. Vor vielen Jahren hat sich der Künstler Baboucarr Etu Ndow stark gemacht, dass Kunst anerkannt wird und auch Kinder Zugang zu künstlerischen Aktivitäten haben sollten, sei es Malen oder Basteln. Was so blumig klingt war eine verlassene Künstlerkolonie, die halb verfallen war. Uns empfing ein Schüler des Künstlers, der Werke schafft, die im Stile seines Meisters sind. Wir blieben ungefähr eine halbe Stunde dort, hörten uns die Erzählungen an und fuhren dann weiter.
Silvester im Touristenresort
Zoumana hatte schon im Vorfeld gesagt, dass für diese Übernachtung bei der Buchung etwas schief gelaufen ist. So bekamen wir ganze Ferienwohnungen. Wir hatten Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer, zwei Bäder – es war riesig. Zum Glück war unser Haus weit von den Silvesterfeierlichkeiten entfernt. Aber eins, nach dem anderen.
Es ist der 31.12. Wir übernachten im Kololi Beach Resort und kommen uns mit unseren staubigen Taschen und Klamotten etwas falsch vor. Aber viele Reiseagenturen promoten jetzt Gambia als sichere Touristengegend. Und demzufolge kommen wir uns jetzt vor, als würden wir für einen Moment Afrika verlassen und in die westliche Welt zurückkehren. Zoumana kümmert sich um einen Ort, wo wir Abendessen können und wir gehen etwas am schwarzen Strand spazieren.
Am Abend gehen wir in ein Restaurant, das gleich schräg gegenüber vom Hotel an der Straße liegt. Wir bestellen unser Essen und verschwinden gleich wieder, denn wir wollen uns den Sonnenuntergang ansehen. Zusammen mit der Dekoration der Hoteltische entstehen zauberhafte Motive. Danach geht es zurück zum Essen. Wir bleiben nicht allzu lang, denn es gibt eine Besorgnis erregende Neuigkeit.
Die Fähre in Banjul
Zoumana sagt, dass am nächsten Morgen nur zwei Fähren von der Hauptstadt Banjul über den Fluss fahren werden. Eine um 8 Uhr, die zweite eine Stunde später. Er möchte, dass wir die zweite Fähre nehmen, aber wir drängen darauf, dass wir schon sehr zeitig losfahren. Wir sind kurz nach 7 Uhr an der Fähre. Amadou und der Bus reihen sich in einer Schlange aus Fahrzeugen. Wir dürfen nach einigem Hin und Her auf das Hafengelände. Nachdem sich das Gewusel der Fähre entladen hat, dürfen wir kurz nach 8 Uhr die Fähre besteigen. Gespannt schauen wir, wo unser Bus bleibt. Doch Amadou darf nicht mit drauf. Zoumana beruhigt uns, er kommt mit der nächsten Fähre.
Aber was, wenn nicht? Denn die Fähre ist die einzige Möglichkeit den Fluss zu überqueren. Denn die nächste Alternative ist 200km landeinwärts, wo wir die Grenze nach Gambia überquert haben und wieder zurück an die Küste.
Als wir auf der anderen Seite ankommen, besichtigen wir erst einmal das Fort Bullen. Wie alle Forts, wurde auch dieses zum Sklavenhandel genutzt. Die Führung ist etwas halbherzig, dafür wird uns angeboten, dass wir Hefte und Stifte kaufen sollen, um sie an die Schüler der Koranschule zu verteilen, die uns schon seit der Fähre folgen. Es ist widersprüchlich – auf der einen Seite sind die Schüler überglücklich über die Geschenke, aber andererseits sind die Typen etwas zwielichtige Gestalten. Aber am Ende zählt das Strahlen der Kinder.
In der Zwischenzeit erfahren wir, dass Amadou in der zweiten Fähre ist. In der Nähe des Terminals gibt es einen Raum, wo wir warten dürfen. So in etwa wie die Lounges an Flughäfen, nur westafrikanisch. Die Kühlschränke, von denen nur einer funktioniert, sind leer und es müssen erst mal Getränke gekauft werden.
Nachdem Amadou eingetroffen ist, führt unsere Reise wieder zurück in den Senegal und zum letzten Teil der Reise.