Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

Mit der Bitte um eine Mütze voll Schlaf

Jan 9
geschätzte Lesedauer: 5 Minuten

Ah, endlich Urlaub! Aber nicht für mich, denn mein Wecker warf mich Donnerstag Morgen um 7 Uhr raus, ich frühstückte in aller Ruhe und machte mich dann auf den Weg zum Friseur. So eine Kopfmassage zu früher Morgenstunde kann was herrliches sein. Sasy und ich quatschten nebenbei über Hochzeit (sie heiratet Ende Juli), Nachnamen usw. Und wie jedes Mal bekam ich ein „Du warst jetzt aber schon wirklich lange nicht mehr hier?!“ zu hören. Ja, lange nicht – immerhin vier Wochen. Wir einigten uns darauf, dass ich mich nach ihren Flitterwochen als „der Yeti“ in den Terminkalender eintragen lasse.

Ich parke bei meinen Friseurbesuchen immer etwas außerhalb, es reicht aber trotzdem, um in 5-10 Minuten in den Innenstadt zu sein. Nur ausgerechnet an dem Donnerstag mußte der Deutsche Bauerntag beginnen – auf dem Parkplatz, wo ich sonst immer parke. Aber da es noch früh war, fand ich trotzdem noch ein Plätzchen.

Die Heimfahrt wurde wie immer von Flüchen über Mittelspurterroristen und Schlechtwetterschleichern begleitet. Nachdem ich meinen Blutdruck daheim wieder unter Kontrolle gebracht hatte, legte ich mich nochmal einen Moment hin, es versprach ein langer Abend zu werden.

Sollte ich Einzelheiten des Junggesellenabends loswerden? Na vielleicht ein paar Highlights. So begann der Abend mit dem obligatorischen Döner und dann kamen ein paar leichte Aufgaben zum Anwärmen. 10 verschiedene Bierdeckel aus 10 verschiedenen Gaststätten in 10 Minuten in der Dresdner Neustadt zu sammeln, ist garnicht so einfach, deswegen wurde die Zeitüberschreitung mit Ginsengschnaps bestraft. Bravorös bewältigt wurde die Aufgabe ein Spiegelei innerhalb einer Viertelstunde braten zu lassen. Nachdem die harmlosen Aufgaben erledigt waren, ketteten wir Thomas auf der Damentoilette fest und die dort eintreffenden Damen mußten ihn dort freikaufen. Gemein, aber es war interessant zu beobachten, wie hartnäckig die Damen feilschten und mit fortschreitender Zeit auch kompromissbereiter wurden.

Das Schlimmste hatte Thomas jetzt überstanden, denn wir fielen in eine Karaokebar ein. Die darauf folgenden Stunden sangen wir im Duett oder im Trio einige Highlights aus dem 12.000 Stücke fassenden Katalog. Auch die anderen Gäste unterstützten wir tatkräftig als Background-Chor. Als wir dann gegen 2 Uhr die Bar verließen, kam uns gerade die Polizei entgegen. Sollten wir etwa etwas zu laut gesungen haben?

Um dem Abend noch die Krone aufzusetzen, endete er Al-Bundy-Style – in der Nachtbar. Die erste Zeit hing ich noch den „Ich glaub‘, ich bin im falschen Film“-Gedanken nach. Sind wir so tief gesunken, haben wir das nötig? Aber hey, da hoppst eine nackte Frau an der Stange herum. Als ich dann wieder daheim war, ging die Sonne auf – es war halb 6 Uhr.

Halb 9 wurde ich wieder munter, das Telefon klingelte. Ich überging es und schlief noch einmal kurz ein. Kurz nach 10 fuhren wir dann zu meiner Oma in die Reha. Wir schoben sie ein wenig durch den Garten der Anlage unterhielten uns mit ihr und ruckzuck war es schon zwölf und wir fuhren heim.

Nach dem Mittag hielt mich nicht wirklich viel munter. Kurz nach 16 Uhr schreckte ich hoch, jetzt wurde es aber höchste Zeit. Ich hatte zwar meinen alten Anzug mit, aber ein neuer wäre durchaus mal angebracht. Die Kombination aus einer Vorstellung des neuen Anzug, der Idee, wo ich fündig werden würde und eines adäquaten Ersatzes einer Freundin mit Geschmack war vielversprechend und erfolgreich. Ich ersten Laden schaute ich nur, da wußte ich, dass ich dort keine ernsthafte Beratung durch die Verkäuferinnen zu erwarten hatte.

Also ging ich gleich zu meinem Favoriten über. Ein kurzer hilfesuchender Blick und ich äußerte Anliegen und meine Vorstellungen. Der erste Versuch sah vielversprechend aus, scheiterte aber beim Jacket und zu meinem Glück/Pech nicht mehr in der nächstgrößeren Größe verfügbar. Also hieß es „Zurück auf Anfang“. Der nächste Anzug saß perfekt, nur leider passte das Hemd samt Krawatte nicht mehr dazu. Also puzzelten wir drei Varianten zusammen, weißes Hemd – dunkelblaue Krawatte (sah gut aus, fiel aber wegen 08/15 aus), blaues Hemd mit passender Krawatte (die Verkäuferin kommentierte es mit „So würde ich sie ins Büro schicken, aber nicht auf eine Hochzeit!“ – besser hätte ich es nicht ausdrücken können) und zu guter Letzt ein… mh… beige-graues Hemd. Kann ich unglaublich schwer beschreiben, denn für sich betrachtet sieht es grau aus, aber neben einem richtig grauen Hemd hatte es einen Tick von beige. Abgefahren – nur die Krawatte passte noch nicht. Die Verkäuferin stürzte mit den Worten „Wir haben da heute eine Lieferung bekommen, die liegt noch garnicht aus“ ins Lager. Die Krawatte passte perfekt. Das gleiche Spiel wiederholte sich noch einmal beim Gürtel und dann waren wir zufrieden. Ihre Freude über die gelungene Zusammenstellung wurde von ihrer Kollegin mit einem abfälligen Blick der Kategorie „Jetzt krieg dich wieder ein…“ gewürdigt. Nix da, ich war zufrieden, sie hatte Klasse Arbeit geleistet – ein Grund zur Freude. Mir immer noch lieber wie mit gelangweiltem Gesichtsausdruck Sachen zusammenlegen.

Der Freitag Abend verlief eher ruhig, mir fiel noch zu später Stunde ein, dass ich meiner Nachbarin, die sich in der Zwischenzeit um meinen Schmetterling und meine Post kümmerte, eine Flasche Wein mitbringen wollte.

Samstag war es dann soweit, aber natürlich nicht ohne dass ich halb vier durch eine SMS geweckt wurde. Ich hatte vergessen, das Handy auf leise zu stellen. Und der Tag fing „gut“ an – eine Kollegin teilte mir mit, dass ihr Mann an Krebs erkrankt ist und sich nun in Chemotherapie befindet. Der Gedanke beunruhigte mich, sodass ich noch eine ganze Weile wach blieb und irgendwie bin ich dann doch wieder eingeduselt, denn mein Handy weckte mich später (und geplant) ein zweites Mal. In Ruhe in die Wanne gehen, Musik hören, frühstücken und dann ging ich auf Sammeltour und lud mein Auto mit Freunden voll.

Nachdem alle bei Thomas‘ Schwester eingetroffen waren, fuhren wir in Kolonne nach Niederlommatzsch, immer schön auf der B6 mit Tempo 50-60, da sich sonst der Blumengebinde auf der Motorhaube des Phaeton selbstständig gemacht hätte. An der Gaststätte angekommen, warteten wir, bis die Zeit ran war und setzten dann über. Der Fährmann wies uns extra darauf hin, dass er gleich Pause hätte. Dazu sollte er nicht sonderlich kommen, denn wenige Minuten nach dem Übersetzen fiel uns ein, dass wir die Dosen zum Anbinden an den Phaeton vergessen hatten. Kurz vor der Hochzeit fiel dann auf, dass der Tischschmuck noch in der Gaststätte stand, also wurde dort angerufen und von beiden Seiten jemand losgeschickt, um den Strauß abzusetzen bzw. in Empfang zu nehmen. Mir wurde dann noch die Aufgabe zuteil, mit dem Schirm loszulaufen, als es just in dem Moment begann, zu regnen. Selbstverständlich hörte es gerade auf, als ich mit dem Schirm bei Tobias und dem Strauß ankam. Wahrscheinlich brachten Susi und Frank den Fährmann dann noch zu Weißglut, als sie noch danach übersetzten und leider zu spät zur Trauung kamen.

Zur Trauung: ich verstehe es, dass es ein festlicher Akt ist und die Standesbeamte hatte auch wirklich ihren Text perfekt gelernt, nur die Art ihres Vortrags stieß mir sauer auf. Selbst das Verlesen eines Formulars wurde bei ihr zur Prosa. Ein Tick nüchterner hätte dem Inhalt ihres Vortrags mehr Gewicht verliehen, aber so wirkte es in meinen Augen etwas grotesk (nicht zuletzt auch durch ihre Erscheinung).

Der Abend war von jeder Menge Spielen, Geschenken und (merkwürdiger) Musik geprägt. Um dem Abend noch die Krone aufzusetzen, entschloss sich mein Körper ein paar Schmerzsignale durch den Kopf zu funken. Vielen Dank an dieser Stelle an Alex, der Schmerztabletten zur Hand hatte, denn dieser Cocktail brachte die erwünschte Ruhe. Ich bin auch irgendwie mit der Vorstellung in den Abend gegangen, die Tanzfläche gekonnt links liegen zu lassen. Nix da – es gab noch sowas wie Damenwahl. Dank kurzer und präziser Einweisung von Marlis brachten wir die Runde hinter uns und Marlis konnte die Tanzfläche ohne größere Blessuren verlassen. Je später der Abend, desto ausgelassener wurden die Gäste und auf Umwegen landete ich dann gegen halb 5 wieder in meinem Bett.

Den nächsten Morgen – wozu ausschlafen? – fuhr ich dann mit meinen Eltern mein Auto holen, das noch vor der Gaststätte stand. Wir aßen dort auch gleich noch Mittag und dann befand ich mich auch schon auf dem Heimweg, aber nicht ohne nochmal vorher ein flinkes Rotlicht zu sehen.

PS: Hat jemand Lust auf die lange Version?

  1. die Tanzfee die Tanzfee

    Der Anzug war in der Tat sehr gelungen – hatte ich dir glaub ich noch nicht gesagt. 🙂
    Und nun stell deine Tanzkünste mal nicht so unter den Scheffel. Und was soll das überhaupt heißen – mein Freund solle mir mal ein paar Manieren beibringen?? 😯 😉

  2. Dirk Dirk

    Ich hätte Lust auf die Langversion, wenn die Nach(ck)t mehr ausgeschmückt ist. 😎

  3. Dirk Dirk

    HTML funzt ja gar nicht in den Kommentaren. 🙄

  4. die Tanzfee die Tanzfee

    Übrigens: René wurde auch in der Nacht noch von einem „flinken Rotlicht“ erwischt – die sächsische Polizeit hatte auch das Ihrige von dieser Hochzeit… 😆

  5. Jan Jan

    An die Tanzfee: Danke für die Komplimente, ich fühl mich geehrt 😳 Mir war einfach nach einem provokanten Grauton. Am besten du nimmst das mit den Manieren nicht mit Humor auf, sondern wortwörtlich und schlussfolgerst daraus, dass ich sagen wollte, du hättest keine Manieren 😉 Aber um bei der Wahrheit zu bleiben: Ich mußte mich ja ein wenig verbal wehren, sonst hätte es ja so ausgesehen, als würde ich mich freuen, doch endlich mal das Tanzbein zu schwingen *g*
    Sooo viel Rotlicht an einem Abend – die sächsische Regierung wird glatt noch das Heiraten finanziell unterstützen.

    An den Dirk: die P18-Version gibt es nur unter 4 Augen oder 2 Ohren 😉 Kannst ja mal anrufen oder ein Signal geben, falls du meine Festnetznummer nicht hast (oder hast du?) – ich hab ja deine. Was hattest du denn für HTML-Sauereien vor?

  6. Jan Jan

    Da hier ja wohl zwei Kommentare pro Person Pflicht sind, muss ich noch einen für die Tanzfee abgeben (um zumindest einen kleinen Ausgleich an Komplimenten zu schaffen): Hatte ich eigentlich erwähnt, dass ich dein Kleid am Abend auch sehr bezaubernd fand? Den Titel „Tanzfee“ hast du dir im wahrsten Sinne des Wortes verdient 🙂

  7. Dirk Dirk

    Yiep: Wir müssen mal telefonieren.

  8. die Tanzfee die Tanzfee

    Ahh, hier ist schon ein dritter Kommentar von jemand anderem. Wie schön, dann kann ich ja auch noch einen abgeben. 🙂
    Vielen Dank für die Blumen! 😎 Das Kleid musste allerdings inzwischen schon für die dritte oder vierte Hochzeit herhalten…
    Betreffs der Standesbeamtin hast du mir aus dem Herzen gesprochen. 🙄 Bei mir fließen normalerweise auch bei Trauungen immer Tränen, aber hier schien mir der Effekt zu beabsichtigt. Sowas bewirkt bei mir meist eine automatische Abwehrreaktion … 😉

  9. Jan Jan

    Na dann muss ich doch glatt auch noch einen dritten Kommentar abgeben – einer muss ja immer das letzte Wort haben 😉

    Was das Kleid betrifft: die dritte oder vierte Hochzeit?! Sah ja auch wie neu, denn ich kenne den Stoff als doch eher empfindlich.

    Abwehrreaktion ist das passende Stichwort, denn nach fünf Minuten wäre mir als Bräutigam nach Weglaufen gewesen 😉 Ich kenne es halt auch anders – festlich oder dass eine Zeromonie daraus gemacht wird. Und das trifft meinen Nerv auch eher.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner