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Taiwan im Überblick

Jan 0
geschätzte Lesedauer: 9 Minuten

Angesichts der aktuellen politischen Lage entschlossen wir uns Anfang des Jahres, dass wir Taiwan besuchen sollten. Also buchten wir die Flüge für eine Rundreise von knapp 14 Tagen. Mit dem Beitrag möchte ich einen kleinen Überblick geben, was einen in Taiwan erwartet und worauf man vorbereitet sein muss.

Allgemein

Taiwan hat ungefähr die Größe von Baden-Württemberg. Trotzdem leben dort weit über 20 Millionen Menschen. Jetzt könnte man denken, dass es dort in den Großstädten ein dichtes Gedränge gibt und hektisch zu geht. Aber soweit wir das erlebt haben, verteilt sich das ganz gut. Taiwan setzt auf ein gutes Flächenmanagement, d.h. stellenweise gehen die Reisfelder bis press an die Wohnhäuser.

Was als erstes in Taiwan auffällt ist die Sauberkeit. Obwohl es einen riesigen Widerspruch gibt. Es gibt kaum öffentliche Mülltonnen. Taiwan setzt darauf, dass jeder seinen Müll wieder mit heim nimmt. Trotzdem liegt kaum Dreck herum und auch auf den öffentlichen Toiletten ist es ausgesprochen sauber. Apropos öffentliche Toiletten – geht man durch eine deutsche Großstadt muss man schon in ein Restaurant gehen, weil sie so rar sind. In Taiwan gibt es dafür überall öffentliche Toiletten. Egal ob Metro-Station, Park etc. Alle Nase lang findet man ein stilles Örtchen und wie gesagt, es ist ständig jemand da, der das Ganze sauber hält.

Der Sanfong-Tempel in Kaohsiung mit seinen vielen roten Lampions
Wer sucht, findet den Weg nach in die zweite Etage des Sanfong-Tempel und kann so die Lampions von oben sehen

In Taiwan wird chinesisch gesprochen und geschrieben. Wer den automatischen Übersetzer bemühen will, sollte darauf achten, dass man nicht das vereinfachte Chinesisch verwendet, sondern die traditionellen Schriftzeichen. Und damit bin ich schon beim entscheidenden Punkt angelangt. Mit Englisch ist man in Taiwan weitgehend aufgeschmissen. Da hilft nur das Smartphone und ein automatischer Übersetzer. Aber auch wenn die Sprachkenntnisse nicht da sind, die Taiwanesen sind sehr hilfsbereit und freundlich.

In Taiwan gilt der Taiwan-Dollar (TWD) als Währung. Der Wechselkurs ist ungefähr so, dass 100 TWD etwa 2,85 Euro entsprechen. Also wenn man im Kopf 300 TWD einem Euro gleichsetzt, kommt man ganz gut hin. Geld abheben ist überhaupt kein Problem, es gibt überall ATMs von verschiedenen Banken. Aber das war weniger das Problem, da man überall mit Kreditkarte oder an vielen Stellen mit den Geldkarten wie iPass oder Easycard zahlen kann.

Blick von der Insel Qijin auf das Stadtzentrum von Kaohsiung
Wenn man der Berg von Qijin erklimmt, hat man einen schönen Ausblick auf die bunten Häuser und das Zentrum von Kaohsiung

Auf dem Flughafen in Taipeh gibt es in der Ankunftshalle ganz links einen Stand, der diese Karten verkauft. Dabei ist es eigentlich relativ egal, ob man eine Easycard oder den iPass nimmt. Beide Karten werden mit vielen lustigen Motiven verkauft. Uns ist während unserer Reise nur einmal ein Unterschied aufgefallen. Mit der Easycard kann man in Taipeh die Maokong Gondola zahlen und bekommt noch Rabatt auf die Fahrt. Aber die Fahrt kostet normal ungefähr 5 Euro. Also das ist nicht wirklich entscheidend.

Wichtig ist, dass man die Karten in fast jeder MRT-Station oder in einem Seven Eleven (der allgegenwärtigen asiatischen Supermarktkette) aufladen kann. Einfach Bargeld auf den Tisch legen, Karte auf den Scanner legen und schon wird aufgeladen.

Ganz wichtig empfanden wir den Kauf einer Prepaid-Karte für das Smartphone. Auch hier findet man in der Ankunftshalle in Taipeh genügend Möglichkeiten. Fast alle Anbieter bieten Prepaid-Karten mit begrenzter Laufzeit an. Zwischen 3 und 30 Tagen findet sich für jeden das Richtige. Wir wählten 15 Tage und haben dafür knapp 20 Euro gezahlt. Man bekommt dafür unbegrenzten Datenzugriff und 100 TWD Gesprächsguthaben. Wie ich oben schon geschrieben habe, ist für den Übersetzer der Zugriff aufs Internet essentiell. Und wer sich Sorgen macht, dass bestimmte Apps blockiert werden. Nein, das ist nicht China. In Taiwan hatten wir keine Probleme mit blockierten Apps.

Hier eine Liste der Apps, die man schon vorab installieren sollte, um schnell durchzustarten:

  • Google Maps
  • Google Translate und Google Lens, um Texte on the fly zu übersetzen
  • Youbike
  • Agora – falls man unterwegs noch Hotels buchen will

Noch ein Wort zu Hotelbuchungen. Agora ist das booking.com für Asien. Wir hatten schon im Vorfeld einige Hotels darüber gebucht. Sind die ersten Übernachtungen durch und man schreibt auch Reviews, bekommt man schnell Gold-Status und damit Rabatte. Das erleichterte uns die Entscheidung, wo wir unsere Nacht, die wir eigentlich in Hualien verbringen wollten. Uns wurden in der App Hotels mit 70% Rabatt angezeigt und so hatten wir ein schönes Hotelzimmer mitten im Pier 2 Viertel von Kaohsiung.

Umwelt

Als Reisezeit für Taiwan wird das Frühjahr (März bis Mai) oder der Herbst (September bis November) empfohlen. Ansonsten muss man entweder mit großer Hitze oder viel Regen rechnen. Wir waren gerade in der Übergangszeit (Ende April, Anfang Mai) da und gerade in Taipeh hat es schon vergleichsweise viel geregnet.

Der Sonne-Mond-See mit seiner schönen Bergkette im Hintergrund
Sonne-Mond-See – manchmal müssen es keine weißen Bergspitzen sein

Auch sollte man den Temperaturunterschied zwischen Norden und Süden nicht außer acht lassen. Als wir in Taipeh ankamen, empfanden wir die knapp 30°C mit ihren 80% Luftfeuchte als extrem warm. Aber nachdem wir ganz im Süden waren und dort Temperaturen über 30°C hatten, die dann gefühlt als 39°C angegeben waren, war es am Ende in Taiwan doch sehr angenehm. In Taiwan staut sich das schlechte Wetter wegen den Bergen. Das heißt, es ist nicht der übliche Monsunregen, wo 2 Stunden später wieder die Sonne scheint, sondern wenn es regnet, dann regnet es.

Wärme und Feuchtigkeit bringen Moskitos mit sich. Auch wenn wir nicht übermäßig gestochen wurden, sollte man vorsichtig sein. Regelmäßig gibt es Wellen von Dengue-Fieber auf der Insel. Und gerade wenn man durch Wälder wandert, sollte man immer einen Mückenschutz dabei haben oder ausreichend seine Haut bedeckt haben.

Die Wurzeln eines Baumes haben sich durch das Gemäuer eines Fabrikgebäudes ihren Weg gebahnt
Angkor Wat light – In Tainan haben sich die Wurzeln eines Baumes durch ein Fabrikgebäude gebohrt.

Unter dem Punkt Natur sollte das Wichtigste nicht fehlen – Erdbeben! Wir hatten das Unglück, dass es Anfang April 2024 das große Erdbeben mit der Stärke 7 in der Nähe von Hualien gab. Dabei wurde der komplette Zugang zu allen Zielen im Taroko Nationalpark gesperrt. Trotzdem sollte man sich gewiss sein, dass Erdbeben zur Tagesordnung gehören. In Taiwan bebt die Erde ungefähr 1000 mal im Jahr. Während unserer Zeit gab es noch ein stärkeres Nachbeben der Stärke 6,2. Es ist nichts passiert, trotzdem sollte man immer darauf vorbereitet sein. Für uns war die Wetterseite von Taiwan immer ein gutes Informationszentrum, egal ob es um Wetter, Taifun-Warnungen oder Erdbeben ging.

Essen

Kulinarisch in Taiwan unterwegs zu sein, hat bei uns doch einige Fragen aufgeworfen. Taiwan hat eine große Tradition des Teeanbaus. Trotzdem findet man Tee meistens nur in aufbereiteter Form, d.h. kalter Tee als Basis mit Fruchtsirups aufgepeppt und dann noch Bubbles rein. Die meisten Teehäuser sind dann eher für die Touristen und der Preis für die Tees ist schon ordentlich. Dafür gibt es auch jede Menge Kaffee-Shops. Ganz vor natürlich Starbucks, aber auch einheimische Ketten verkaufen Kaffee, wie wir ihn genießen.

Die vielen verschiedenen Essstände des Nightmarkets laden zum Probieren ein
Die vielen verschiedenen Essstände des Nightmarkets laden zum Probieren ein

Schaut man sich die Restaurants in Taiwan an, spürt man einen starken Einfluss von Japan und Korea. Hat man aber mal Lust auf Sushi, sucht man lange, bis man was findet. Natürlich gibt es auch taiwanesische Küche. Im Grunde ist es wie in China, man bestellt mehrere Gerichte und teilt dann. Deswegen waren die Leute immer überrascht, wenn wir nur zwei oder drei Teller bestellt haben. Denn selbst zwei Portionen sind mehr als üppig. Selbst wenn man im Taipei 101 unten im Food Court isst, kosten die Gerichte zwischen 6 und 8 Euro. In der Garküchen auf der Straße ist es natürlich günstiger, aber man ist dann immer im Zwiespalt zwischen „günstig essen“ und „was ist das eigentlich?“

Fährt man durch Taiwan sieht man überall Reisfelder. Davon spürt man aber in der Küche wenig. Da meine Frau mit Gluten aufpasst, war es stellenweise richtig schwierig ein Gericht zu bekommen, das kein Weizenmehl enthält. Nudeln, Teigtaschen usw. und dabei werden 99% des Weizens importiert. In sehr vielen Gerichten gibt es Schwein. Und wie in Asien üblich, wird das komplette Tier genutzt. Wo bei uns die „unappetitlichen Reste“ zu Tierfutter verarbeitet werden oder in den Export gehen, kann man sich in Taiwan ein leckeres Gericht aus Hirn, Magen oder Lunge zubereiten lassen – wer mag.

Die Statue eines Transformers beim Künstlerviertel von Pier 2
Pier 2 hat jede Menge Kunst, vom Transformer bis zu umgestalteten Abstellgleisen

Transport

Wie kommt man in Taiwan von A nach B? Für große Strecken empfiehlt sich natürlich der Zug. Super pünktlich, super sauber, super organisiert. Wir sind zwei mal mit der High Speed Rail (HSR) gefahren. Das ist ein einmaliges Erlebnis. Die Karten kann man vorher online kaufen und dann am Schalter abholen. Für den kurzfristigen Kauf, d.h. 1-2 Tage vorher gibt es nur noch die Fahrten mit Platzreservierung. Dann zahlt man ca. 80 Euro pro Person. Aber hey, man legt dann 300km in 1,5 Stunden zurück – mit Zwischenstopp. Aber auch der normale Zug ist komfortabel und pünktlich.

Und damit ein kleiner Warnhinweis: Wir haben eine VISA-Karte von DKB. Als wir noch in Deutschland über die Webseite der HSR unseren Zug gebucht haben, wurde die Zahlung verweigert. Kurze Zeit darauf kam der Hinweis, dass die Karte temporär gesperrt ist. Ein kleines Telefonat korrigiert das Problem. Als wir in Taiwan den zweiten HSR buchten, wurde die Karte komplett gesperrt. Keine Zahlung mehr möglich! Weder vor Ort, noch online. Auf unsere Beschwerde reagierte DKB mit ein paar zusammen geklickten Bausteinen, die sinngemäß sagt: Sie bekommen ja eine neue Karte! WTF?

Blau leuchtende Buddha-Statuen in einem Tempel
Die Tempel sind im Inneren schon sehr aufwändig gestaltet

Zurück zum Transport. In den Großstädten ist natürlich die MRT (Metro) das beste Fortbewegungsmittel. Sie kommt alle 5 Minuten und auch zu Stoßzeiten war es nie wirklich drängelnd voll. Die kann man – egal welche Stadt – ganz bequem mit der EasyCard / iPass zahlen. Gleiches gilt natürlich auch für den Bus. Egal, ob Überlandbus oder im städtischen Nahverkehr. Easycard / iPass drauf und fertig. Beim Bus muss man dann schon aufpassen, wann der fährt und rechtzeitig eintreffen. Denn sind alle Plätze im Überlandbus besetzt, muss man auf den nächsten Bus warten. Was dann im Normalfall eine Stunde ist.

Und für kurze Strecken bietet sich Youbike an. Viele Seiten referenzieren noch auf Youbike 2.0, aber wir haben eigentlich keins der alten Räder mehr gesehen. Zur Nutzung von Youbike braucht man eine taiwanesische Mobilfunknummer. Deswegen sollte man bei der Prepaid-Karte darauf achten, eine richtige SIM-Karte zu bekommen. Mit eSIM gibt es wohl Probleme sich in der Youbike-App zu registrieren. Das Einrichten der App geht spielend einfach und man kann in der App mehrere Easycard / iPass-Karten hinterlegen.

Die moderne Architektur des Kaohsiung Music Center
Taiwan ist modern – Das Kaohsiung Music Center setzt auf Hexagone

Und die Bedienung ist spielend einfach. In der App nach einem nahegelegenen Stand suchen. Die App sagt, wie viele Räder an dem Stand verfügbar sind und wie viele freie Plätze (wichtig!). Dann geht man hin, sucht sich ein Rad aus, stellt den Sattel ein und schaltet das Bike ein. Dann wird die Easycard / iPass verlangt und schon kann man das Rad aus dem Dock ziehen.

Wichtig ist, dass man darauf achtet, dass die Tarife gestaffelt sind. Es ist so, dass der Tarif immer teurer wird, je länger man ein Rad ausleiht. D.h. wenn man eine Tagestour macht, kommt das teurer, als wenn man das Rad regelmäßig mal abstellt. Das sollte aber kein Problem sein, denn genau wie öffentliche Toiletten findet man Youbike-Stände ziemlich häufig. Meistens muss man maximal 200-300 Meter laufen, um den nächsten Stand zu finden. Und auch die Rückgabe ist einfach. Fahrrad zurück ins Dock, Karte auflegen und fertig. Sowohl beim Ausleihen als auch bei der Rückgabe bekommt man dann eine SMS in chinesisch aufs Handy.

Wind- und Atomstrom an der South Bay von Kenting
Das Kühlwasser des Atomkraftwerks sorgt dafür, dass das Meerwasser hier 2-3°C wärmer ist als in der Umgebung

Kultur

Wie ich eingangs schon schrieb, haben wir die Großstädte nie als voll empfunden. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Taiwanes*innen unglaublich diszipliniert sind. Als wir ankamen und das erste Mal aus der MRT stiegen, was das wie ein Streicheln für die Seele. Statt ein riesiges Knäuel an der Rolltreppe zu bilden, stellten sich alle in eine Reihe. Und die war dann mal locker 30m lang. Trotzdem ließ man links Platz, damit Leute überholen konnten.

Diese gegenseitige Rücksichtnahme zog sich überall durch. In öffentlichen Verkehrsmitteln ist eine Stille, die bemerkenswert ist. Wenn irgendjemand laut und unangenehm auffällt, sind es meistens Touristen. Wenn geredet wird, dann mit leiser Stimme. Ansonsten schaut jede*r auf sein Smartphone und hat Kopfhörer auf.

Der von vielen Pagoden umsäumte Weg zum 80m hohen Buddha von Fu Guang Shan
Fu Guang Shan ist eine buddhistische Anlage, die nur von Spenden finanziert wurde

Kommt man zu touristischen Attraktionen muss es das obligatorische „Ich war hier“-Bild sein. Wer sich dann in die Schlange stellt, um ein Bild zu erhaschen, muss sich gewiss sein, dass es nie mit einem Bild getan ist. Da muss jede Kombination von Personen abgebildet werden und das in unterschiedlichen Posen.

Den gegenseitigen Respekt, den sich die Taiwanes*innen zukommen lassen, sollte man ihnen auch bei der Ausübung der Religion schenken. Es gibt viele üppig geschmückte Tempel, in denen die Leute beten. Hinweisschilder weisen darauf hin, dass wo man fotografieren darf und wo nicht. Und diesen Gefallen sollte man ihnen einfach tun bzw. einfach den Moment genießen und aufsaugen.

Viele goldene Buddhas auch im alten Teil von Fu Guang Shan
Neben dem neuen Teil kann auch der ältere Teil von Fu Guang Shan mithalten

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