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Mijk van Dijk

Jan 0
geschätzte Lesedauer: 3 Minuten

Wenn es einen Künstler gibt, der schon in den 90ern mein Bewusstsein für die Umwelt, für das globale menschliche Miteinander geweckt hat, dann war es Mijk van Dijk. Oder konkret gesagt sein Projekt Microglobe.

electro-space monthly ist eine Serie, bei der es um Musik geht, die mich beeinflusst hat. Dabei können Künstler, Musikstile oder Labels als Themen auftauchen. Inhaltlich geht es selten um Vollständigkeit, sondern nur um den Abriss, der mich bewegt hat.

Außerdem gibt es die Serie auch als Podcast zum Anhören. Dort gibt es neben dem hier stehenden Text noch die Musik, über die geredet wird. Und vielleicht erzähle ich auch noch etwas mehr, wenn mir spontan etwas einfällt.

Es begann mit der All our colours. Ich hörte das Sample „You may be black, you may be white, you may be jew or gentile / it don’t make a difference in our house“ und es traf mich voll. Ja, es war völlig egal, denn Techno sollte die Musik sein, die Menschen zusammen bringt. Gemeinsam feiern, gemeinsam eine schöne Zeit haben. Musikalisch gesehen kannte ich natürlich die Platte von Larry Heard noch nicht, wo das Original herkam.

Wenig später kam dann das Album von Microglobe Afreuropamericasiaustralica. 14 Titel, jeder mit einer konkreten Aussage, die sich auf das Miteinander und unsere Umwelt bezog. Ganz klar, ohne Schnörkel. Und schon allein das machte das Album für mich zu einem wichtigen Album. Weil hier tanzbare Musik mit einer klaren politischen Haltung zusammentraf. Natürlich mit dem Nachteil – wer sich nicht die Mühe machte ins Booklet zu schauen, der bekam davon nicht viel mit.

Ich war zu dem Zeitpunkt 20 Jahre jung und ich konnte es nicht verstehen, wie Politik von Menschen gemacht werden konnte, die uralt waren und welche die Zukunft, die sie festlegen, nicht mehr erleben würden. Klingt verdächtig nach dem, was aktuell von Fridays For Future zu hören ist. Richtig, das Problem ist kein Neues, das gibt es schon seit Jahrzehnten. Und der Prozess, dass sich was ändert, geht viel zu langsam.

Am meisten packte mich der Titel Environ-mentality mit seinem Text „Wake up children / Your parents won’t change this world / They are too old / They’ve already lived their lives / And taken all they could get / So you will inherit your planet – damaged / Just for the sake of luxury / Wake up children – you haven’t much time!“. Auch hier war ich sofort dabei.

Für daheim war das Album wie ein Buch, was von einer Welt erzählt, wie wir sie erreichen können, wenn wir nur wollen. Mit Freunden feierte ich irgendwann in den 90ern mal Geburtstag im Gemeinschaftsraum einer Kleingartensparte. Während wir alles vorbereiteten, ließ ich das Album mal mit ordentlich Lautstärke laufen. Und konnte auf einmal einen ganz anderen Zugang zum Album finden.

Soweit erst mal zur Geschichte von Mijk van Dijk als Microglobe. Dann wäre da ja noch Marmion, ein Projekt von Mijk zusammen mit Marcos Lopez. Aber darüber hatte ich schon im Rahmen meiner Geschichte zu S wie Superstition erzählt. Bleiben eigentlich noch zwei weitere Punkte. Dazu müssen wir gleichzeitig vorwärts und rückwärts in der Geschichte gehen.

Zurück, weil ich die 404 von Loopzone schon lange irgendwo auf Kassette hatte. Als die Zeit mit Internet und eBay begann, holte ich mir Stück für Stück die ganzen alten Sachen von Mijk van Dijk. Die Think & Dance EPs, die beiden Loopzones und die High On Hope als Microglobe. Und damit können wir gleich zu Mijk’s Magic Marble Box übergehen.

Die Tokyo Trax gehört mit zu meinen Lieblingswerken von Mijk van Dijk. Gerade Gamers Night ist der Wahnsinn. Mir gefällt schon die Idee, einen Song wie ein Videospiel aufzubauen. Das erinnert mich daran, wie ich irgendein Spiel auf dem Gameboy durchgezockt habe und dabei auf Kassette mitgeschnitten habe, weil mir der Soundtrack so gut gefiel. Die Tokyo Trax war übrigens die zweite Magic Marble Box. Nummer eins war The 4 Seasons Of The Mind, mit dem bekannten Track The Wildlife.

Bleiben wir aber noch kurz bei der Idee eines Techno-Soundtracks zu Spielen. Die folgten dann mit der Gametrax Vol. 1 + 2, auch beide bei Superstition erschienen. Beide EPs repräsentieren tatsächlich Soundtracks zu zwei verschiedenen Playstation-Spielen. Wobei mir die Gametrax 2 um Längen besser gefällt, weil ich mich schon beim Hören der Songs so richtig in ein Kampfroboter-Spiel reindenken kann, wie mein Review von damals beweist:

Ein Schuss weckt dich. Du öffnest die Augen. Du weißt, was du zu tun hast. Dein Arm fährt in Position und das darauf befindliche Maschinengewehr eröffnet das Feuer auf den Feind. Dein Radar entdeckt Miniraketen, die auf deine Position zukommen. Schnell gehst du in Deckung. Nochmal Glück gehabt! Weiter geht’s. Gezielt rücken deine Truppen auf die feindlichen Stellungen zu. Du hast dir eine Strategie ausgedacht, mit der du den Feind besiegen kannst. Gegen Abend solltest du die Schlüsselposition besetzt haben … Du schreckst hoch. Was für ein Traum!

Oder du hast dir einfach die Game Trax 2 von Mijk van Dijk angehört. Die A-Seite ist einfach brillant. A1 rumpelt und donnert wie ein 10 Tonnen schwerer Kampfroboter. Dunkle, düstere Töne begleiten ihn. Richtig Schade ist A2. Warum ist der nur soo kurz? Nicht weniger rabiat wie Robo.com.bat, aber wesentlich flinker unterwegs. Traurig wird es auf der B-Seite. Die bietet nur einen Abklatsch des A1-Tracks mit straightem Beat – sozusagen für Tanzroboter.

electro-space.de, KW34 / 2002

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