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Portishead

Jan 0
geschätzte Lesedauer: 2 Minuten

Portishead sind für mich ein bisschen wie Götter oder Superhelden. Sie haben unwiderlegbare Beweise ihres Wirkens hinterlassen. Braucht man sie, sind sie da oder nicht. Und trotzdem ist ihr Erscheinen immer Aufsehen erregend.

electro-space monthly ist eine Serie, bei der es um Musik geht, die mich beeinflusst hat. Dabei können Künstler, Musikstile oder Labels als Themen auftauchen. Inhaltlich geht es selten um Vollständigkeit, sondern nur um den Abriss, der mich bewegt hat.

Außerdem gibt es die Serie auch als Podcast zum Anhören. Dort gibt es neben dem hier stehenden Text noch die Musik, über die geredet wird. Und vielleicht erzähle ich auch noch etwas mehr, wenn mir spontan etwas einfällt.

Meine Beziehung zu Portishead begann reichlich unspektakulär. Als ich ihre Musik entdeckte, war es eigentlich schon zu spät. Der Großteil ihrer Musikkarriere war schon gelaufen und ich fiel genau in das riesige Loch zwischen Roseland NYC und Third.

Aber ich fange mal mit meiner ersten Wahrnehmung von Portishead an. Der Name Portishead fällt in den 90ern immer in gleichem Maße, wie man die Wörter Trip Hop, Massive Attack oder Tricky in den Mund nimmt. Wie ich schon im Beitrag von Massive Attack schrieb, hatte damals ich schon Schwierigkeiten mit deren Alben, also wollte ich das Spektrum nicht noch erweitern.

Deshalb müssen ein paar Jahre vergehen, bis ich das Video zu All Mine sehe. Ich kann nichts damit anfangen. Diese 50er Jahre schwarz-weiß Optik, das Mädchen das seine Lippen zu Beth Gibbons Stimme bewegt. Wobei das eigentlich nicht auffällt, denn man könnte wirklich denken, das Mädchen singt. Und der Sound klingt dann auch noch so nach Big Band, was zu dem nicht meinen Geschmack trifft.

Und dann kommt die Zeit, wo ich meine damalige Freundin kennenlerne. In ihrem Handschuhfach sind unzählige Kassetten und da ich nicht selbst fahre, bin ich der DJ. Ich entdecke ein paar Sachen von Jake Slazenger, Massive Attack, Tori Amos und natürlich hat sie auch die beiden Alben von Portishead, die sie auch als CD hat. Und als wir zusammen ziehen, wandern ihre CDs in meinen Schrank und damit laufen sie auch regelmäßig.

Vielleicht war es die Tatsache, dass ich die Alben zuerst im Auto gehört habe und mich damit mehr mit der Musik beschäftigt habe, als mit der Stimmung, die sie verbreitet. Denn zuhause gehört, kann einen gerade das gleichnamige Album Portishead ordentlich runterziehen. Vielleicht liegt es am Tempo, vielleicht liegt es auch an der Stimme von Beth Gibbons, die den Eindruck vermittelt, als würde die Songs Tränen überströmt im Studio aufnehmen. Das ist jetzt ziemlich allgemein gefasst. Es gibt auch Tracks die intensiv sind. Wobei für mein Gefühl die Dummy noch einfach zugänglicher war.

Es folgte die Roseland NYC Live, was eigentlich kein Album ist, sondern die Aufnahme eines Konzerts mit einem Orchester. Kaum auszumalen wie intensiv dieser Konzertbesuch gewesen sein muss. Das war 1998. Und es folgt eine lange Pause.

Wer mag, kann man in meinem Blog nach Portishead suchen. Der wird einige Beiträge von Anfang 2006 finden, wo ich über die Ankündigung eines neuen Album schreibe. Im Oktober spürt man dann schon, wie ich anfange die Hoffnung aufzugeben. Letztlich muss ich mich bis 2008 gedulden, bis Third erscheint. Wer zwei Jahre lang teasert, hinterlässt eine Erwartungshaltung, die schon nicht mehr haltbar ist. Deswegen bleibt die gefühlte Qualität weit hinter meiner Erwartung zurück. Aber nachdem ich es eingeordnet habe, kann ich Portishead für mich abhaken.

Danach wird es wieder ruhig. Bis zu dem Zeitpunkt, als sich das Thema Brexit rührt. Es soll Wahlen geben. Eine Politikerin wird erschossen und am Vorabend zur Abstimmung tauchen Portishead mit dem Abba-Klassiker S.O.S. auf. Typisch für Portishead sehr dunkel und düster.

When you’re gone, how can I even try to go on?
When you’re gone, though I try, how can I carry on?

Und plötzlich bekommt dieses Lied eine andere Bedeutung. Es geht nicht mehr um eine Beziehung zwischen zwei Menschen, sondern zwischen Völkern. Lokal zu denken und zu handeln ist gut, aber sich zu isolieren kann und wird fatale Folgen haben.

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