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Ilsa Gold

Jan 0
geschätzte Lesedauer: 3 Minuten

Als ich 30 Jahre Musik schrieb, dachte ich schon darüber nach, was noch für Themen offen wären. Dabei orientierte ich mich natürlich an Musik, über die ich noch nicht mal am Rande berichtet hatte. Und deswegen stand Ilsa Gold ziemlich schnell auf der Liste.

electro-space monthly ist eine Serie, bei der es um Musik geht, die mich beeinflusst hat. Dabei können Künstler, Musikstile oder Labels als Themen auftauchen. Inhaltlich geht es selten um Vollständigkeit, sondern nur um den Abriss, der mich bewegt hat.

Außerdem gibt es die Serie auch als Podcast zum Anhören. Dort gibt es neben dem hier stehenden Text noch die Musik, über die geredet wird. Und vielleicht erzähle ich auch noch etwas mehr, wenn mir spontan etwas einfällt.

Für mich besteht bei Ilsa Gold das Problem, dass sie ziemlich gute Musik gemacht haben, aber relativ wenig bekannt ist. Aber wie so oft denke ich das vielleicht nur und mein „Allgemeinwissen“ ist da schon sehr speziell. Also tasten wir uns mal musikalisch an das Thema heran.

1993 – Die Ilsa Gold I erscheint. Der Titel Up is auf jeder besseren Rave- / Hardcore-Compilation enthalten. Ich habe die Maxi-CD und freue mich über fünf Titel mit stampfenden Monstern und wildem Acid. Schon damals mit viel Humor ausgestattet: Eggs They See. Intro: „Extacy hilft die monotone Techno-Musik besser zu ertragen!“ und dann stampft der Track 8,5 Minuten unermüdlich.

Die Ilsa Gold II wird die EP bleiben, die in meiner Plattenkiste fehlt. Hier ist der Titel Silke enthalten, der die Titelmelodie des Filmes La Boum – Die Fete aufgreift. Statt das Original zu nehmen, wird hier überall der Speedfreak Remix auf Compilations verteilt.

In meinem Plattenladen des Vertrauens finde ich zu der Zeit irgendwo vergraben den G.T.O.-Remix von Up. Erschienen zusammen mit dem Original auf dem G.T.O.-eigenen Label Dataflow. Lee und Michael wissen um den Humor von Peter Votava und Christopher Just und bauen einen netten Verweis auf Ilsa Golds Herkunft um den Remix. Johann Strauß‘ Radetzky Marsch muss jetzt auf Hardcore-Bassdrum funktionieren. G.T.O. haben den Spirit von Ilsa Gold verstanden.

Das einzig originale Mainframe-Vinyl in meiner Plattenkiste ist die Ilsa Gold III. Spätestens jetzt ist klar, dass Ilsa Gold mehr als nur ein Musikprojekt ist. Die Raver-Szene wird komplett auf ihr Klischee reduziert und mit Silke (Süchtig) ein Aufruf zum drogenfreien Raven postuliert. Völlig  schmerzbefreit bedienen sich Ilsa Gold bei Peter Cornelius und Karel Gott & Darinka „Fang das Licht“. Grober Unfug wird zum Programm.

Bei einer Party werde ich irgendwann mit den Worten „I’m a raver baby, so why don’t you kill me?“ beschallt. Also entdecke ich Sons Of Ilsa. Ja, die Referenz zu Ilsa Gold ist klar. Und musikalisch erinnert es daran, als hätten Smash? und Ilsa Gold ein Kind in die Welt gesetzt. Dabei liegt die Wahrheit etwas näher, denn die Sons Of Ilsa sind natürlich auch nur die beiden.

Nach Pulsingers Nacht folgt das Album Die Zipfelmütze, der Handwagen und die Gummi-Muschi. Sowohl im Titel als auch vom Cover eine derbe Neuinterpretation von Sven Väths The Harlequin, The Robot And The Ballet-Dancer. Musikalisch dann doch eher mit einem spöttischen Blick Richtung Frankfurt, denn es gibt hier nicht den King Of Frankfurt sondern den King Of Da Shizehouse.

Infolgedessen fragt sich die Community, wer hinter Sons Of Ilsa steckt. Natürlich Peter und Christoph, die das aber „kategorisch“ von sich weisen und Leute in Szene setzen, die hinter dem Projekt stehen sollen. Und alle, die etwas anderes behaupten, werden gedisst. Und mit einer Persiflage auf sich selbst – denn anders kann man Sons Of Ilsa nicht bezeichnen – wird es ab 1996 ruhig.

So bleibt es bis kurz nach der Jahrtausendwende. Mitte der 90er gründen die ehemaligen Mitarbeiter des Labels Mainframe das Label Mego. Dort erscheint 2003 Regretten? Rien! (zu deutsch: Bereut? Nie!) eine Best Of Compilation des Duos. Die Doppel-CD erscheint in einem Format, das eher an ein Handbuch erinnert. Das Booklet erinnert an legendäre Ilsa-Gold-Momente und eingestreute Live-Aufnahmen bzw. Live-Sessions untermalen die Geschichte der beiden. Für mich von Interesse, weil ich diese Doppel-CD günstiger bekomme, als die Ilsa Gold II und damit endlich den Titel Silke in meiner Sammlung habe. Der wahre Wert offenbart sich erst, nachdem ich die CD gehört habe.

Trotz einiger Live-Auftritte erscheint kein neues Material vom Duo. Bis 2019 quasi das Nachglühen erfolgt. Das Leipziger Label Karl Marx Land veröffentlicht eine limitierte Single (Ultra-Limited Edition in Gold 30 Stück, normale schwarze Limited Edition 300 Stück) mit den letzten beiden Titeln, die Ilsa Gold produziert haben. Die Stücke wurden aber bis dahin noch nie veröffentlicht. Ilsa Gold stellen sich dem Endgegner – Meine Garage ist unüberhörbar eine Persiflage auf Kraftwerk.

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