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Im Keller

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Bis vor einer guten Stunde habe ich im Keller gewütet. Opfer meiner Ausmistaktion waren alte Kartons von Geräten, deren Garantie nun mittlerweile abgelaufen ist. Also sind die Kisten meiner Plattenspieler, meines Mischpults, meines Verstärkers und meines Bügeleisens in den Pappcontainer entsorgt worden.

Während ich beim Rausschaffen des Mülls war, setzten ein paar Leute eine ältere Frau auf die Treppe vor dem Haus. Ich hab mir nichts weiter dabei gedacht, vermutete ich doch, dass sie sich schwach fühlt und mal kurz sitzen will. Also verschwand ich wieder im Keller. Dort steht noch mein alter Bambustisch, den ich nicht entsorgen konnte, weil er nicht ins Auto reinpasste.

Mit dem Schraubendreher bewaffnet, entfernte ich die Halterung für die Glasplatte, die angeknackst war. Und danach bin ich dem Tisch Stück für Stück zu Leibe gerückt. Zum Schluss lagen ein Haufen gebogener Bambusstäbe auf dem Boden, die ich bequem entsorgen konnte. Und da das auch nicht wieder mit einem Ruck ging, mußte ich wieder mehrmals laufen. Als ich hochkam, saß die alte Frau (leicht schräg) immer noch da und flüsterte irgendwas. Es machte nicht den Eindruck, als würde sie mit mir reden. Sie sah im Gesicht aus, als wäre sie eine von denen, die sich öfters mal die Kante geben, aber ihr Outfit passte nicht dazu und auch sonst sah sie gepflegt aus.

Als ich zurückkam, brabbelte sie wieder was. Offentsichtlich wollte sie doch was. Also beugte ich mich runter und fragte, ob es ihr nicht gut geht und ich ihr helfen soll. Sie bat mich den Notarzt zu rufen. Gut, dachte ich, kein Problem – also bin ich fix hoch und rief den Notdienst an. Artig sagte ich meinen Namen und meine Adresse und schilderte das Problem. Mit nüchternem Tonfall wurde ich darauf hingewiesen, ich sollte doch sagen, was denn der Frau genau fehlt und am besten noch die gesundheitliche Vorgeschichte. Mal im Ernst – das ist kein Witz!

Also bin ich wieder runter geflitzt und hab die gute Frau interviewt. Natürlich mußte ich immer zweimal fragen, weil ich die erste Version ihrer Antwort nie verstand. Meine Theorie bestätigte sich – sie hatte sich volllaufen lassen. Ich frag mich, wie man sich von Sozialhilfe (oder vielleicht Rente) besaufen kann und sich dann noch eine Wildlederjacke von Esprit leisten kann. Meine Begeistungswelle der Frau zu helfen hielt sich doch sehr in Grenzen, aber der Philanthrop in mir gewann und ich spurtete wieder hoch und rief wieder den Notdienst an und erklärte ein zweites Mal die Lage. Mit einem Stoßseufzer am anderen Ende der Leistung wurde mir gesagt: „Wir schicken jemanden“.

Als ich wieder unten ankam, war schon eine andere Frau da, die mit besagter Frau sprach, die sich mittlerweile in die Horizontale begeben hatte. Ich erklärte fix, dass jemand kommt und ich wartete, bis der Notdienst da war. Die beiden Herren sprachen die Frau laut und nicht gerade sehr freundlich an. Auf die Frage, was sie jetzt machen sollen, meinte die Frau, die möchte nach Hause gebracht werden. In dem Moment bröckelte beim Notdient und auch bei mir der letzte Rest von Freundlichkeit. Sie wurde darauf hingewiesen, dass der Notdienst kein Taxiunternehmen ist und sie am besten gleich die Polizei rufen. Mit der schien die Frau schon Bekanntschaft gemacht zu haben und meinte nur, dass sie auf keinen Fall die Polizei holen sollten. Danach hieften sie die Frau erstmal in den Krankenwagen und meinten, dass sie sich jetzt drum kümmern…

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