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Nachdenklich

Jan 4
geschätzte Lesedauer: 2 Minuten

Kennt ihr das Gefühl, wenn irgendwas nicht stimmt? Wenn irgendwas, man kann es nicht in Worte fassen, geschweige denn substanziell benennen. Aber es stimmt etwas nicht. Ungefähr wie man auf der Fahrt zum Flughafen weiß, dass man etwas vergessen hat. Nur erst wenn man angekommen ist, findet man heraus, was es war. Nicht dass man sagen könnte, es fehlt etwas oder ist zuviel, nein, es stimmt halt etwas nicht. Noch ein Vergleich? Mehr so wie ein Bild, das umgehängt wurde. Unterbewusst registriert man es, aber kann erst später sagen. Und wer hängt jetzt hier meine Bilder um?

Wieder mal saß ich in der Wanne, meine Gedanken blubberten wie der Schaum und eigentlich hatte ich Lust zu telefonieren, aber der Akku hatte sich im Laufe des Tages verabschiedet. Dafür verpasste ich drei Anrufe auf dem Handy und hatte demzufolge einen Spruch auf der Mailbox… „Bitte warten, ihr Gespräch wird gehalten!…“ Keine Ahnung, niemand den ich kannte, vielleicht ein neues Telefon und keine Ahnung, wie es zu bedienen ist.

Vor der Wanne sah ich mir das Ende von „American beauty“ an. Ich habe den Film jetzt wirklich schon ziemlich oft gesehen und trotzdem bin ich immer wieder berührt. Vielleicht weil mir die Charaktere so bekannt vorkommen, weil man sich in allen ein wenig widerspiegelt. Denn ein Stück aufpolierte Fassade zeigen wir alle, keiner macht die Führung sofort durch den dreckigen Hinterhof. Aber es gibt ihn. Das wirklich Schöne an dem Film ist sein Facettenreichtum. Immer wieder entdeckte ich neue Dinge, die mir vorher nicht aufgefallen sind. So regt sich Lester (gespielt von Kevin Spacey) über seine Frau auf, die ihn darauf hinweist, dass die Couch $4.000 gekostet hat und dass er kein Bier darüber verschütten soll. Aufregen darüber, dass sie nur auf Äußerlichkeiten achtet? Mit einem frisch erstandenen 78er Firebird vor der Tür? Wie hätte er wohl reagiert, wenn sie darin ein Bier verschüttet hätte?

Aber der Film erzielt trotzdem seine Wirkung. Er zeigt, dass alle nur Menschen sind, aber trotzdem hat man am Schluss Mitleid mit Lester. Weil er eine arme Sau ist, die erst viel zu spät aufwacht in seinem Leben und dann im Schnelldurchlauf alles nachholen will. In gewisser Weise wachen alle im Film auf, manche aber erst, als es schon viel zu spät ist. Erst als sie festgestellt haben, dass alles verloren ist.

Und wenn heute Abend der Typ mit der Eishockeymaske und der Motorsäge vor der Tür stände, könnte man nochmal in den Spiegel sehen und grinsen, bevor man die Tür mit den Worten öffnet „Gibs mir, du Weichei!“? Und just in diesem Moment wird mir bewußt – egal wie er mich zurichtet, ich habe die physikalische Unsterblichkeit schon längst erreicht. Ich sehe mich zerfallen im Laufe der Milliarden von Jahren und trotzdem bleiben die Teilchen, die meine physische Präsenz bilden, noch ewig lange erhalten. Länger als jeder Stern scheinen wird, länger als jegliches Leben existiert, nachdem das Universum im Wärmetod erstickt ist, dann fangen die Protonen zu zerfallen. Bis dahin werde ich ein Teil eines Grashalms, einer Wolke, eines Regenwurm, vielleicht eines Computers sein oder bilde mit vielen anderen einen neuen Stern, der auf einen Planeten scheint, dessen Bewohner vielleicht weitsichtiger sind, als wir es heute.

  1. Auch eine Art die Unsterblichkeit zu sehen und da fällt mir gleich ein altes indianisches Begräbnisritual ein, zu dem es heißt: Von den Sternen (Himmelslichtern) sind wir gekommen, zu den Sternen kehren wir zurück…

  2. Jan Jan

    Von dem Ritual habe ich auch schon gehört bzw. hast du schon mal darüber geschrieben, soweit ich mich erinnern kann. Und wenn man es ganz genau nimmt, sind wir doch schon garnicht mehr wir selbst. Permanent sterben Zellen ab und neue werden gebildet. Irgendwann ist der gesamte Körper runderneuert und nichts mehr ist vom Original übrig. Woraus besteht dann noch unsere Identität?
    Aber ich will mal nicht zu viel nachdenken, irgendwie bin ich ja froh ein Elektroimpuls gesteuerter Wasserbeutel zu sein 😉

  3. „Hässliche Beutel, hauptsächlich mit Wasser gefüllt“
    (StarTrek – Next Generation [018] Ein Planet wehrt sich)

    Schon mal was von Schwarm Intelligenz gehört? 😉

  4. Jan Jan

    Danke Dirk, wenigstens einer, der meine Star-Trek-Referenzen versteht. Ein sehr beruhigendes Gefühl 🙂

    Mit Schwärmen habe ich mich schon mal auseinandergesetzt, ja ja 😉 Aber auch mit solchen Schwärmen. Letztendlich isses doch alles chaotisch.

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