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Veröffentliche Beiträge in “Kunst + Kultur”

digitale und reale Kunstwerke, Hinweise usw.

Enttäuschung am Strand

Jan 0

Auf Renés Empfehlung schnappte ich mir mal Haruki Murakamis Kafka am Strand. Ich muss vorwegschicken, dass ich gegenüber Murakami skeptisch geworden bin. Wer hofft, bei Murakami einen Eindruck japanischer Kultur oder Tradition vermittelt zu bekommen, wird hemmungslos enttäuscht. Da Murakami selbst sehr lange in Europa und Amerika war, haben seine Charaktere einen westlichen Anstrich und sind damit in Geschichten, die in Japan spielen, fehl am Platz. Aber das war nicht der Punkt, an dem meine Kritik an "Kafka am Strand" ansetzt.

Das Buch erzählt die Geschichte eines 15-jährigen Jungen, der von daheim und vor einer Prophezeiung wegläuft, einige merkwürdige Begegnungen hat und dabei sich in das 15-jährige Abbild einer Frau verliebt, die mittlerweile 50 ist. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Traum und Realität immer mehr. Parallel dazu wird die mysteriöse Geschichte des Nakata erzählt, der in jungen Jahren alles vergaß, aber mit Katzen zu reden lernte und sich so einen Nebenverdienst verschafft, indem er verschwundene Katzen zu ihren Besitzern zurück bringt, bis er eines Tages auf die Spuren eines Katzenmörders kommt...

Ich gebe an dieser Stelle wieder eine obligatorische Spoilerwarnung aus, denn wer das Buch selbst lesen möchte, sollte an dieser Stelle stoppen. Wie auch bei den anderen Büchern zuvor, schafft es Murakami die Leser mit diesem Buch zu fesseln. Er verfolgt, wie auch schon bei "Hardboiled wonderland" zwei Handlungsstränge, nur dass sie in diesem Fall nie zueinander finden, auch wenn sie sehr dicht beieinander liegen.

Das Buch beginnt mit einem Dialog zwischen dem Hauptdarsteller und - wie es scheint - seinem Freund Krähe. Der Hauptdarsteller stellt sich später im Buch als Kafka Tamura vor, wobei Kafka auf tschechisch Krähe bedeutet. Letztendlich unterhält sich der Junge mit seinem inneren Ich. Kafka kommt aus einem Haus, wo er mit seinem Vater lebt. Mutter und Schwester hat er zwar, aber er hat sie nie kennengelernt. Und nachdem sein Vater kaum für ihn da ist, beschließt er von daheim abzuhauen. Auf seinem Weg lernt er eine junge Frau kennen, von der er denkt, dass sie seine Schwester sein könnte. An seinem im Buch bestimmten Zielort angekommen, geht er täglich in eine Bibliothek und liest dort sehr viel bzw. unterhält sich mit dem Bibliothekar. Seine Übernachtungen finden erst in einem Hotel statt, später kommt er bei seiner vermeintlichen Schwester Sakura unter, wo er aber sehr schnell wieder aufbricht, weil er sie sexuell sehr anziehend findet. Während dieses Aufenthaltes hat er einen Blackout und wacht in einem Schrein blutbefleckt wieder auf, aber es ist nicht sein Blut. Die nächste vorübergehende Unterkunft ist eine Berghütte weit ab der Zivilisation, die dem Bibliothekar gehört. Dort kommt er vorübergehend unter, bis ihm die Leiterin Unterschlupf in der Bibliothek gewährt. Kafka erfährt, dass die Leiterin untersterblich in den Sohn der Familie der die Bibliothek gehört, verliebt war, der später im Krieg umkam. Sie hatte einen großen Hit mit "Kafka am Strand", einem Lied, dass auch der Titel eines Bildes ist, dass im Zimmer des verstorbenen Sohnes hängt. Für ein paar Jahre war sie dann verschwunden und kehrte dann an den Ort zurück und wurde Leiterin der Bibliothek. Der Junge ist fasziniert von der Geschichte und verliebt sich in das 15-jährige Abbild der Leitern, dass er des Nachts auch in seinem Zimmer sieht. In seinen Träumen hat er Sex mit der 15-jährigen, später auch real mit der richtigen Leiterin, der er später eröffnet, dass er vermutet, sie wäre seine Mutter. Als bekannt wird, dass sein Vater ermordet wurde, muss er wieder in die Berghütte fliehen, obwohl er ein Alibi hat. Allein in der Natur wagt er sich immer tiefer in den dunklen Wald, um dann zwei Soldaten zu treffen, die in den Bergen vermisst wurden. Diese begleiten ihn über die Grenze in ein abgelegenes Tal ohne Zeit. Dort trifft er das 15-jährige Mädchen wieder, denn in der Zwischenzeit ist auch die Leiterin der Bibliothek eines natürlichen Todes gestorben. Diese schickt ihn wieder zurück, solange das Tor noch offen ist.

Der zweite Handlungsstrang beginnt mit Geheimberichten, die von einem mysteriösen Zwischenfall berichten, wo eine Schulklasse mitten im Wald plötzlich stundenlang ohnmächtig wird und wenig später wieder erwacht, ohne sich an etwas erinnern zu können. Einzig die Lehrerin bleibt von der Ohnmacht verschont. Nur einen Schüler trifft es besonders hart, er wacht erst Wochen später wieder auf und kann sich an garnichts mehr erinnern, weder seinen Namen noch an einfach Dinge wie Lesen und Schreiben. Damit landet der Strang in der Gegenwart, denn ab dem Zeitpunkt wird der Lebensweg von diesem Jungen, der mittlerweile 60 Jahre alt ist, verfolgt. Nakata kann zwar nicht Lesen oder Schreiben, aber mit Katzen reden und findet auf diesem Weg die verlorenen Katzen von Familien wieder. Eines Tages verfolgt er die Spur einer Katze, wird aber von anderen Katzen gewarnt, dass es sehr gefährlich werden könnte, weil sich dort ein Katzenmörder herumtreiben soll. Dieser lässt auch nicht lang auf sich warten und holt ihn mit Hilfe eines großen, gefährlichen Hundes zu sich. Dort erzählt er ihm, dass er aus den Seelen von Katzen eine Flöte baut, mit Hilfe dessen man Seelen von Menschen gefangen nehmen kann, mit deren Hilfen man eine noch größere Flöte bauen kann, um noch mächtigere Seelen zu fangen. Und so beginnt die Gestalt, die sich Johnnie Walker nennt, die Katzen abzuschlachten, ihr Herz zu essen und ihre Köpfe abzusägen. Das macht er nur, um Nakata zu provozieren, denn Johnnie Walker ist es Leid, Katzen zu töten. Also stürzt sich Nakata auf ihn und ermordet ihn. Als Nakata wieder aufwacht, liegt er an der Stelle, wo er auf die Katze gewartet hat, keine Spuren von dem Mord an sich und neben sich zwei Katzen, die er vor den Fängen von Johnnie Walker gerettet hat. Mit denen kann er plötzlich nicht mehr reden, dafür kann er es in gefährlichen Situationen Sardinen, Makrelen oder Blutegel regnen lassen. Denn er macht sich auf den Weg, obwohl er nicht weiß, wohin er soll. Auf seinem Weg lernt er einen Fernfahrer kennen, der ihn begleitet und deswegen auch seine Arbeit sausen lässt. Da Nakata sich nicht recht zu helfen weiß, übernimmt der Fernfahrer die Arbeit und erfährt, dass er ein Tor öffnen muss, was sich als Stein eines Schreins zeigt. Geholfen wird ihm dabei von Colonel Sanders (bekannt als das Gesicht von KFC). Er öffnet das Tor, aber es passiert nichts. Letztendlich gelangen sie noch an die Bibliothek, wo sich Kafka aufhielt, der aber inzwischen in den Bergen ist. Nakata äußert noch inständig den Wunsch, wieder so zu werden, wie er es als kleiner Junge war und legt sich hin. Als Nakata stirbt, ist es an dem Fernfahrer, die Arbeit zu beenden. Er kann plötzlich auch mit Katzen reden und schließt dann wieder den Eingang, indem er den Stein des Schreins wieder umdreht.

Ich habe es genossen, das Buch zu lesen, bis auf die letzten Momente, wo es absolut undurchsichtig wurde. Neben dem gesamten Fantasiethema auch die Themen Geschwisterliebe und Sex mit der Mutter direkt anzusprechen und wenn auch träumerisch zu skizzieren, sind ein sehr gewagtes Mittel. Wohl auch die einzige Möglichkeit, denn wenn man den zweiten Handlungsstrang betrachtet, der inhaltlich zusammenhangslos zusammengestückelt erscheint und dabei auch auf jeglichen Ansatz von Begründungen verzichtet. Oder es wurde das falsche Maß angesetzt, denn wenn man über mehrere Kapitel in die Thematik der ohnmächtigen Kinder eingeführt wird, erwartet man auch ein "Warum?" Genauso verhält es sich mit dem Tod von Nakata, der plötzlich stirbt. Wie auch das Erscheinen von Johnnie Walker, der wohl Kafkas Vater repräsentiert und der Junge durch Nakata seinen Vater tötet. Soweit lässt sich noch eine Verbindung zwischen den Handlungssträngen ziehen, aber ansonsten finden sich kaum inhaltliche Zusammenhänge. Also auf mich wirkte das Buch im Abschluss wie eine wahllose Zusammenwürflung von Fantasiethemen, die zwar hochgradig spannend ist, aber mehr Fragen übrig lässt, wie einen Aha-Effekt am Ende des Buches zu erreichen.

Lebenslänglich grüßt das Murmeltier

Jan 0

Kurz nach unserem Urlaub packte mich die Lust, endlich mal wieder einen SF-Roman zu lesen. Ich hatte schon eine ganze Weile "Replay - Das zweite Spiel" von Ken Grimwood bei mir zu liegen. Es ist bei Heyne als Klassiker wiederveröffentlicht worden und somit inhaltlich nicht der neuste Text. Für diejenigen, die wissen möchten, worum es sich in dem Buch handelt: Der Protagonist Jeff Winston stirb am 18.10.1988 und wird zurück ins Jahr 1963 zurückversetzt und er bekommt in der Tat eine zweite Chance. Wen der Gedanke reizt, sollte jetzt aufhören zu lesen, wer mehr wissen möchte, darf weiter neugierig sein.

Mal ganz ehrlich - angenommen heute Abend geht euer Licht aus und ihr wärt nochmal 25 Jahre jünger, was würdest ihr mit eurem Leben anfangen? Jeff nutzt sein Wissen über die kommende Zukunft, setzt Wetten auf Spiele und Rennen, kauft geschickt Aktien und wird dabei steinreich. Er versucht sich auch minimal am Ändern des Laufes der Geschichte, indem er den vermeintlichen Kennedy-Attentäter vorher anschwärzt. Hat aber keinen Erfolg, es war halt ein anderer. Jeff's Privatleben ist nicht mehr das, was er aus der ersten Version kennt. Seine Frau aus dem ersten Leben zeigt ihm die kalte Schulter, dafür finden sich andere Frauen. 25 Jahre gehen ins Land und das unvermeidliche naht - es ist wieder der 18. Oktober '88 als er stirbt.

Geld zu haben ist eine schöne Idee, bietet aber wenig Befriedigung und zum Wohlfühlen ist es auch nicht geeignet. Jeff findet sich wieder im Jahre 1963 wieder, nur etwas später, zusammen mit seiner damaligen Jugendliebe Judy. Er nutzt die Chance und verbringt ein ganzes Leben mit ihr - natürlich mit dem nötigen finanziellen Hintergrund - und hat mit ihr eine bezaubernde Tochter, als wieder der 18.10. naht. Das Ende ist unausweichlich und in der dritten Version trägt er die Last des Verlustes seiner Tochter. Mehrere Millionen schwer wohnt er einsam in den Bergen und führt das Leben eines Eremiten, völlig autark. Bis er eines Tages seine Vorräte auffüllen möchte und auf einen Film hingewiesen wird, welcher der erfolgreichste aller Zeiten ist, den er aber nicht kennt.

Bewaffnet mit seinen Millionen besteht er darauf, die Produzentin Pamela kennen zu lernen und wirft ihr direkt und unverblümt Filmtitel um die Ohren, die noch garnicht gedreht worden und bemerkt an ihrem Entsetzen - sie durchlebt das Gleiche wie er. An diesem Punkt beginnt ein wenig die Handlung Hollywood-Blockbuster-Charakter anzunehmen, denn es steht fest - egal wie oft beide wiederholen - sie werden sich wiederfinden. Während sie sich in der dritten Wiederholung kennen lernen, verlieben sich beide in der vierten Version in einander und stellen dabei fest, dass sie immer später in ihre alten Leben zurückfinden.

In der fünften Wiederholung wollen sie alles ändern, sie treten an die Öffentlichkeit und wollen wissen, warum das immer und immer wieder passiert. Natürlich werden sie von der Wissenschaft als Spinner behandelt, nur die Regierung der USA nutzt ihr Wissen, um am Rad der Geschichte zu drehen, was fast dazu führt, dass sie einen neuen Weltkrieg anzetteln. Durch diesen Zwist trennen sich ihre Wege, führen aber wieder in der sechsten Wiederholung zusammen. Mittlerweile treten sie beide wieder so spät in ihr Leben, dass sie vermuten, dass dies ihre letzte Wiederholung ist und beide machen sich ein wunderbares Leben, da sie nicht wissen, wie es ausgeht.

Jeff betritt die siebente Wiederholung wie so oft vor Pamela. Er gerät mitten in einen Streit mit seiner Frau und nutzt die Gelegenheit, um sich zu trennen. Er sucht die Nähe von Pamela, die noch nicht wieder zurückgekehrt ist und schafft es tatsächlich, eine Beziehung zu ihr aufzubauen, obwohl sie nicht weiß, wer er "wirklich" ist. Als sie kurz vor ihrem Tod wieder zurückkehrt, während sie gerade in seinen Armen liegt, erschrickt sie und fühlt sich ausgenutzt. Sie trennen sich, sterben wieder, treten wieder auf und durchbrechen ihre magische Grenze, finden sich zusammen und auf einmal steht das Unfassbare vor ihnen - die Zukunft, die sie nicht kennen.

Ich beginne mal mit der Kritikliste, denn die ist entscheidend länger wie die Liste der positiven Dinge. Bis auf die eine Wiederholung, wo sie durch offensichtliche Eingriffe in die Geschichte deren Lauf verändern, haben ihre Handlungen keinen Einfluss auf die Geschichte. Eine ziemlich vage Vermutung, die auch damit verknüpft ist, dass sie auch kaum den Lauf der Geschichte zu beeinflussen, bis auf den kläglichen Versuch, das Attentat auf Kennedy zu verhindern. Wäre zumindest ein Versuch der nahe liegt. Deswegen hat es mich gewundert, dass materiellem und familiären Erfolg im dritten Leben sofort die Resignation folgte.

Auch wurde das Experiment mit dem Leben komplett außer Acht gelassen. Da der Hintergrund der Wiederholungen nicht mal annäherungsweise beleuchtet wird, wäre die Verkürzung einer Wiederholung der Freitod. Auch wenn es den Aktionsgehalt des Buches reduziert, fand ich sehr schön, dass einem deutlich vor Augen geführt wird, dass es nicht wie beim Murmeltiertag um eine kurze Zeitspanne handelt, sondern um einen Abschnitt des Lebens. Was in anderen Kritiken als "langatmig" beschrieben wird, ist für mich der Tatsache geschuldet, dass 25 Jahre eine lange Zeit sind.

Was mich stört, ist dass die zweite Person, die auch in den Wiederholungen gefangen ist, als Gegenstück zu Jeff, eine Frau ist, die vom Alter, als auch von der Optik zu ihm passt und beide sich in einander verlieben und dass ein nur kurz auftauchender dritter Wiederholer völlig gestört ist, keinerlei Möglichkeit hat (und merkwürdigerweise auch nicht versucht) und das Leben der beiden nur tangiert, wenn es von ihrer Seite aus initiiert wird. Wie man vielleicht aus diesen Zeilen liest, bin ich von der Idee und ihrer Umsetzung begeistert, doch fehlt es mir definitiv an Schlüssigkeit und Tiefgang.

Das literarische Quartett

Jan 0

Nachdem ich mit Naokos Lächeln fertig war, sind mir jetzt mittlerweile vier Bücher durch die Finger gegangen und es wird höchste Zeit, seinen Senf dazuzugeben.

Angefangen habe ich kurz nach Naokos Lächeln mit "About a boy" von Nick Hornby. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich dieses Buch nur widerwillig gekauft habe. Ich habe den Film dazu nicht gesehen, aber der Nachteil ist, dass man automatisch das Bild von Hugh Grant im Kopf hat, wenn man sich durch die Handlung schlängelt. Viel ist von dem Buch nicht hängengeblieben. Interessant ist die Geschichte aber schon und wie jedes Buch von Nick Hornby mit einer Menge Musik versehen. Will, 36, der von den Tantiemen eines uralten Weihnachtssongs lebt, hat noch nie in seinem Leben gearbeitet und ist eine oberflächliche Yuppielarve. Er hasst Kinder, merkt aber, dass er in einem Alter ist, in dem es schwierig ist, Frauen ohne Kinder kennenzulernen. So lernt er eines Tages einen Jungen kennen, der das komplette Gegenteil von Will ist. Still, unmodisch und - in Wills Augen - nervig. Zwischen beiden entstehen regelmäßig Reibereien, die aber für beide förderlich sind. Will lernt, dass das Leben doch etwas ernst zu nehmen und Marcus wird selbstbewußter. Wie immer ein Genuss, ein Buch von Nick Hornby zu lesen.

Während wir nach China gefahren sind, begleitete mich "Unter Wilden" von Dirk Wittenborn. Ich habe dieses Buch auf einem Wühltisch im Supermarkt mitgenommen und es hatte nur einen Zweck - lesen und unterwegs liegen lassen. Aber das Schicksal wollte es, dass ich die letzten Seiten hier daheim zuende lese. War aber auch nicht schlecht, denn für ein Wegwerfbuch war es doch ziemlich gut. Durch einen glücklichen Umstand gelangt die Mutter von Finn zu einem Posten bei einem Superreichen. Und mit diesem Moment beginnt der Wechsel und die Einführung in ein neues Leben. Für den ersten Moment ist Finn von der perfekten Welt geblendet, aber gelangt sehr schnell zu der Erkenntnis, dass es dort die Kluft zwischen dem "Ich möchte etwas tun" und dem "Man erwartet von mir, was ich tun soll" sehr weit auseinander geht. Finns Vater, ein bekannter Ethnologe untersucht ein Volk im südamerikanischen Regenwald, von dem er seinem Sohn regelmäßig berichtet und Finn gelangt immer mehr zu der Erkenntnis, dass der Unterschied im Verhalten von Urwaldmenschen und Upper-Class-Menschen sehr klein ist.

Vor ein paar Wochen reichte mir Kriszta ein Buch mit der Bemerkung, dass ich es unbedingt mal lesen sollte, es wäre wohl sehr witzig. Ich stand Tommy Jaud etwas skeptisch gegenüber, aber "Resturlaub" sollte nun meine erste Leseerfahrung werden. Ich brauchte exakt 3 mal Kurz-Vorm-Einschlafen-Lesen und einen Samstag Nachmittag um damit fertig zu werden. Es ist wirklich kurzweilig zu lesen, aber was dem Buch das gewisse Etwas gibt, ist seine Handlung. Peter will mit seiner Freudin Biene Schluss machen, weil er nicht wie seine Freunde werden will: Haus "nur 15 Minuten" von Bamberg entfernt, mit Kiesauffahrt und jedes Jahr Urlaub auf Mallorca, im selben Hotel. Er täuscht einen Überfall auf der Flughafentoilette vor und haut nach Argentinien ab. Dort kämpft er sich mit seinem Ballermann-Spanisch durch, schreibt Listen, wie sein neues Leben aussehen soll und koordiniert über seinen Freund Arne gleichzeitig sein Leben in Bamberg, denn Biene geht davon aus, dass er daheim ist. Feige wie "Pitschi" ist, hat er ihr nur einen Brief geschrieben. Nach seiner Ankunft verleugnet er Biene und seine Herkunft, aber mit fortschreitender Handlung wird es immer schwieriger und schließlich beginnt der Wettlauf - wer ist schneller daheim: er oder Biene? Schließlich liegt dann ein Brief auf dem Tisch...

Nach dem kurzweiligen Ausflug machte ich mich an "Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole" von Sue Townsend. Nachdem "Adrian Mole und die Achse des Bösen" noch ein richtiger Brüller war, sind die verschollenen Tagebücher der absolute Tiefpunkt. Kurz zur Handlung - Adrian Mole landet nach dem Brand im Haus seiner Eltern in einer Sozialsiedlung, versucht sich an mehreren literarischen Werken und lässt eine Beziehung immer wieder aufleben, der mit jedem Aufflackern auch gleich wieder verlischt. Meiner Meinung nach verblasst sein Charakter mit jeder Seite, denn wenn der versnobbte Adrian in einer Sozialsiedlung wohnt und sich mit diesem Zustand auch noch abfindet, ist das unglaubwürdig. Seine Beziehung zu Pamela Pigg hat auch nur kurze Momente des Humors, als er fragt, wie denn ein Pigg (Schwein) und ein Mole (Maulwurf) zusammenpassen und wo er die Eltern von Pamela kennenlernt und ihr Vater schon beim Händeschütteln "Porky" genannt werden will. Ansonsten blubbert die inszenierte Handlung dahin, er beschuldigt eine gewisse Sue Townsend seine Identität zu stehlen und wird zum Abschluss verhaftet, weil er eine Demonstration zur Freilassung seines Klassenkameraden und Tankstelleninhaber Mohammed beantragt, der wegen Terrorismusverdacht verhaftet wurde.

Aber jetzt geht es erstmal mit Zeitschriften weiter, sonst stapeln die sich noch bis unter die Decke.

Todessehnsucht im Sommerloch

Jan 0

Meine persönliche Chronik des gestrigen Abends:

Ich sitze am Laptop und suche nach einem Musikvideo, als ich sehe - hey, heute ist Loveparade, also schalte ich gleich auf den Livestream um. Mit einem Auge sehe ich auf die Kommentare und lese etwas von Massenpanik und 10 Toten. Zu diesem Zeitpunkt kann man schon nicht mehr bei loveparade.de zwischen den Kameras hin- und herschalten. Also suche ich parallel dazu bei den News - es stimmt. Da die Informationen sehr spärlich sind, kann ich die Rufe nach einem sofortigen Stop der Loveparade nicht ganz nachvollziehen. Auch in Berlin gab es Tote durch Messerstechereien oder Unfälle mit S-Bahn-Zügen. Da hat das auch keinen gestört.

Später am Abend bemühe ich n-tv nach neuen Informationen. Die Zahl der Toten war inzwischen auf 15 gestiegen und es wurden abwechselnd Amateurvideos, Augenzeugenberichte und Liveschaltungen vor Ort gesendet. Was genau passiert war, war selbst nach einer halben Stunde nicht nachzuvollziehen, also musste ich wieder meinen Rechner bemühen, Geschriebenes ist vom Informationsgehalt doch besser wie TV.

Was mich aber in der halben Stunde extrem genervt hat:

  • Es wurde nach Schuldigen gefragt und jeder schob dem anderen die Schuld in die Schuhe. Die Polizei, der Veranstalter und der derzeit oft benutzte Prügelknabe Deutsche Bahn wurden beschuldigt. Was interessiert mich, wer Schuld ist? Wichtiger ist doch, wie eine Lösung aussieht!
  • Womit ich schon zum Betroffenheitsgeheuchel der deutschen Politiker komme. Ich finde es nett, aber für die Angehörigen völlig nutzlos, dass sich Frau Merkel aus dem Urlaub meldet und ihre Beileidsbekundungen mitteilt. Damit ist niemandem geholfen. Hätte sie noch hinzugefügt, dass nach der Aufklärung angemessene Reaktionen folgen, wäre das für mich ein ernstzunehmendes Wort gewesen, aber so ist das - auch nach der Abkühlung der sommerlichen Hitze - nur heiße Luft.
  • Statt die große Kunst der Improvisation zu zeigen, zeigte sich das Fernsehen gestern mal wieder von seiner ganz schwachen Seite. Während die Internetmedien in 10 Zeilen oder mehr schon kurz berichteten, was vorgefallen war, schalteten die Nachrichtensender, speziell n-tv auf Dauersendung. Es gab eigentlich nichts zu berichten, aber trotzdem versuchte man den leeren Raum mit Inhalt zu füllen. Es wurden Passanten interviewt, die vor Ort waren. Diese wurden mit Detailfragen malträtiert, nur um den Zuschauer mit der Nase drauf zu stoßen, wie die Folgen einer Massenpanik aussehen. Genau so ungefiltert ließ man "Augenzeugenberichte" ausstrahlen, die nur mit haltlosen Behauptungen um sich schossen. Und immer wieder die Reporter, die im Minutenabstand nach den neusten Todeszahlen befragt wurden, als gelte es einen neuen Highscore zu brechen.

Und oben drüber schwebte die Frage: Wo konnte es nur zu der Massenpanik kommen? Wenn tausende Menschen in einen Tunnel eingepfercht sind und schon die ersten anfangen zusammenzubrechen bzw. über einen Zaun zu klettern, wohl wissend, dass man sich dabei verletzen kann - wie naiv muss man sein, um diese Frage noch zu stellen?

Wahrscheinlich hat sich noch niemand gefragt, wie es weiter geht.

  • Lösung 1 (realitätsfern): Die Stadt Duisburg und der Veranstalter werden gleichmaßen mit den Schadensersatzzahlungen und sämtlichen Folgekosten belastet. Denn die Ursache war nicht der Tunnel oder die Absperrung oder sonst was. Beiden Beteiligten hätte von Anfang an klar sein müssen, dass 1 Million Besucher nicht in eine Stadt von weniger als einer halben Million Einwohner passt, schon garnicht auf ein begrenztes Areal. Aber man bekommt ja den Hals nicht voll genug. Wenn sich dann nicht ein anderer darum kümmert, dürfte sich das Thema Loveparade damit erledigt haben.
  • Lösung 2 (im Bereich des Möglichen): Einer schiebt dem anderen die Schuld in die Schuhe, es wird eine Sonderkommission zur Aufklärung des Falles gegründet, dabei wird stapelweise Papier erzeugt, das keiner liest und da sich keiner zu einem Urteil berufen fühlt, wird es keine Folgen geben. Der Veranstalter wird von einer Loveparade nächstes Jahr absehen und Gras über die Sache wachsen lassen und dann weitermachen.

Nachtrag - die widerliche Realität:

Man picke sich eine Person der Öffentlichkeit heraus, die im Zusammenhang mit der Loveparade präsent war, wie z.B. OB Sauerland. Nun bausche man die ganze Sache so auf, als wäre er der Hauptschuldige und bringe das Wort "Rücktritt" in den Umlauf. Pro für die Medien: Durch seine Position muss er zwangsläufig mit der Planung der Loveparade zu tun gehabt haben. Pro für ihn: Wie ist den Hinterbliebenen und Verletzten damit geholfen, wenn er zurücktreten würde? Und mit jedem Tag, den er sich weigert zurückzutreten, steigt das öffentliche Interesse an seinem Rücktritt. Die Wikipedia umschreibt den Begriff Sündenbock treffend mit: "Als Sündenbock wird ein Mensch bezeichnet, dem man die Schuld für Fehler, Misserfolge oder sonstiges Konfliktpotential zuschiebt. Tatsächliche Schuld spielt dabei keine Rolle."

*Seufz*

Jan 1

Ich muss heute mal eine gescheite Überschrift wegfallen lassen, mir fällt wirklich nichts besseres ein. Ich habe "Naokos Lächeln" sehr schnell durchgelesen, sodass mir die Charaktere sehr schnell ans Herz gewachsen sind. Nicht dass ich mich identifizieren konnte, aber was auch schon in "Hard-boiled wonderland und Das Ende der Welt" funktionierte, klappt auch hier wieder. Man verlässt diese Welt für einen Moment und taucht ab in die Phantasien des Herrn Murakami.

Er schafft es, dass Melancholie bezaubernd wirkt und man anfängt mit dem Hauptdarsteller mitzufiebern bzw. dessen Ansichten zu teilen. Und je intensiver man eintaucht, um so mehr kommt das bittere Erwachen. Man schreckt am Ende des Buches hoch und will eigentlich weiterlesen, aber das Buch geht nicht weiter. Zu interessant wäre es, zu wissen, was weiter passiert, aber darauf gibt es keine Antwort. Man könnte mit etwas Entfernung denken, der Autor wäre ziemlich verwirrt gewesen, denn das Buch fängt in der Gegenwart an, springt in die Vergangenheit und endet dort. Meiner Meinung nach ist das der Punkt, warum man danach so irritiert ist. Man ist der Meinung, dass eine Handlung geschlossen sein muss, aber wie man bei dieserm Buch merkt - das muss sie nicht.

Was dieses Buch weltweit zu vielen Menschen kompatibel macht, ist die Tatsache, dass der Gedanke einer verpassten Chance, einer unglücklichen Liebe und dem vergeblichen Versuch eine Beziehung zu retten, universell ist. Ob der Protagonist nun Toru, Luigi, Thomas, John oder Pierre heißt, an dem Gefühl und der Intensität ändert sich nichts.

Ich werfe an dieser Stelle wieder den Spoiler aus, d.h. wer das Buch lesen will, sollte jetzt aufhören weiterzulesen.

Zentrale Person des Buches ist der junge Japaner Toru Watanabe, der Ende der 60er Jahre in Tokyo studiert - einer Zeit sexueller Freizügigkeit und Studenten-Revolten. Letzteres tangiert Watanabe nur am Rande, Inhalt seiner Erzählung ist seine Beziehung zu Naoko - wie sie begonnen hat, welchen Verlauf sie nimmt und wie sie endet. Watanabe beschreibt sich als normal und die Welt um sich herum als merkwürdig. Für Außenstehende ist er ein introvertierter Mensch, der sich für Musik interessiert, gerne liest und seit dem Selbstmord seines besten Freundes nur sehr wenige und sehr lose Freundschaften pflegt. Zu Beginn der Erzählung ist er 18 Jahre alt, hat sein Studium begonnen, was ihn aber nicht interessiert. Er lebt mehr oder weniger in den Tag hinein, weil er noch keine Richtung für sein Leben weiß. Er probiert sich hin und wieder mit One-night-stands, die an ihm aber wie Schatten vorüberziehen.

Zwei Frauen gelingt es trotzdem, durch diese unerschütterliche Mauer von Selbstschutz und Misanthropie durchzudringen. Zum einen Naoko, welche die Freundin seines besten Freundes war. Sie ist seit dessen Selbstmord auch sehr in sich zurückgezogen und das weibliche Spiegelbild zu Watanabe. Beide verbindet die enge Beziehung zu dem Verstorbenen, aber auch ein Wechselspiel aus gegenseitigem Begehren und Verletzlichkeit. Und je näher sich beide kommen, um so weiter entfernt sich Naoko von ihm, ohne genauere Gründe zu nennen.

Etwas später kommt Midori in sein Leben, eine Frau, die neben dem Studium zusammen mit ihrer Schwester täglich ihren Vater pflegt, dessen Buchhandlung weiterführt und keine Zeit für Hirngespinste hat. Sie ist sehr direkt, äußert jede ihrer Phantasien umgehend, lässt keinen Zweifel daran, dass sie an Watanabe interessiert ist und reagiert trotzdem sehr emotional, wenn er sie verletzt. Und das, obwohl sie einen Freund hat.

Watanabe beobachtet seine Beziehung mit Midori für den Leser fast mit Desinteresse, seine Maxime scheint zu lauten: "Lasst mich doch alle in Frieden". Doch ganz abgeschieden mag er nicht sein und pflegt deshalb in Momenten der Einsamkeit die Kontakte mit Naoko und Midori. Als Naokos seelischer Zustand sich verschlechert, beginnt er sich intensiver um sie kümmern, besucht sie, schreibt ihr regelmäßig Briefe, in denen er seine Sorgen um sie außen vorlässt und von einer gemeinsamen Zukunft schwärmt. Sie kehrt immer weiter in sich, antwortet nur sporadisch bzw. überlässt die Kommunikation mit ihm ihrer Heimgenossin.

Nach dem Tod von Naoko verfällt Watanabe zusehends und lässt Midori, die seinetwegen ihre Beziehung beendet hat, monatelang im Ungewissen, in dem er planlos durch das Land irrt. Die Heimgenossin von Naoko läuft ihm dabei über den Weg und macht ihm klar, dass er mit dieser Taktik die nächsten 20 Jahre seines Lebens Naoko nachtrauern kann oder der Realität ins Auge sieht und erkennt, dass es eine Frau gibt, die er sehr mag und die auch ihn liebt.

Wie auch beim letzten Roman, den ich von Haruki Murakami gelesen habe, spielt auch hier zum Abschluss eine vernünftige Entscheidung die tragende Rolle. Auch wenn ich Kritiken gelesen habe, die "Naokos Lächeln" als sehr sexuell freizügig beschreiben, sehe ich eher den Zusammenhang in der Zeit, in welcher der Roman spielt bzw. um ehrlich zu sein - was wäre eine innige Liebe ohne sexuelle Phantasien? Ich habe natürlich noch ein entscheidendes Bruckstück in meiner Beschreibung entfernt, denn der Leser erfährt, welche Gedanken Naoko hegte, bevor sie starb.

Verweigerungshaltung

Jan 2

Eigentlich wollte ich es mir ja nicht antun, aber Kriszta bat mich, "Illuminati" von Dan Brown zu lesen. Nicht, weil es ihr so gefallen hatte, sondern weil sie sich mit jemandem darüber austauschen wollte. Und dieser Wunsch ist schon fast Ehrensache.

Kurzer Abriss der Geschichte: Die gesamte Handlung des 700-seitigen Buches bildet einen Tag ab. Die Referenzen innerhalb des Buches sind simpel und beziehen sich auf einfache Fakten, statt auf komplette Handlungsstränge. Nur um ein Beispiel zu nennen, erfährt der Protagonist am Anfang der Geschichte, dass ein Quadratmeter Stoff einen Sturz um 20% bremst und der Leser wird auf diesen Fakt noch einmal mit "Er konnte ja nicht ahnen, dass ihm diese Information an Ende des Tages Leben retten würde" hingewiesen. So werden auch die Spannungsbögen aufgebaut und das lässt die Handlung künstlich angespannt erscheinen.

Dem älter werdenden Hauptdarsteller wird eine junge rassige Italienerin an die Seite gestellt. Hollywood lässt schon grüßen, ohne dass man wissen muss, dass es den Film bereits gibt. Und wenn es schon mal so sein soll, findet sich immer ein Wissender, der die römische Geschichte über mehrere Jahrhunderte hinweg kennt und somit verschollene und verschwundene Rätsel auflösen kann, um ja der Geschichte zu ihrem Happy End zu verhelfen.

Statt dessen bin ich der Meinung, dass die wirklich spannende Geschichte hinter dem Misslingen der Handlungen steht. Was wäre, wenn der gesamte Vatikan ein rauchender Krater wäre und die Menschheit zwar nicht ihren Glauben an Gott verliert, aber die gesamte weltliche Führungsriege einem terroristischen Akt zum Opfer fällt? Aber soweit lässt es das Buch nicht kommen und 200 Seiten vor Schluss kommt es bereits zum Showdown und nun gilt es nur noch die Reste zusammenzufegen und übrig gebliebene Fragen zu klären. Aber das wird auch nur schlampig gemacht, denn die Frage, wie der Camerlengo den hervorragend ausgebildeten arabischen Terroristen anheuern konnte, bleibt offen. Steht ja bestimmt im Telefonbuch.

Fazit: Wenn man kurzweilige Unterhaltung sucht oder seinen Rombesuch auffrischen will, für den ist "Illuminati" das richtige Buch. Wer etwas mehr seinen Verstand anstrengen möchte, sollte auf meine nächste Buchbesprechung warten - ich habe meinen zweiten Haruki Murakami in Angriff genommen - "Naokos Lächeln". Ein Autor, der den Showdown für das "Literarische Quartett" eingeleitet hat.

Avatar – ein Schritt weiter

Jan 0

Ich war sehr auf diese neue Geschichte gespannt - dieses 3D. War das wieder so ein Pseudokram, der nur so halb funktionierte? Jedenfalls war ich für den ersten Moment etwas enttäuscht, als ich die Brille aufsetzte und die Werbung sah, eigentlich machte es den gleichen Eindruck wie immer. Und auf einmal *hopp* sprang die Schritt von der Leinwand weg und war zum greifen nah. Was stand da? "Bitte setzen Sie ihre 3D-Brille auf". Ja, hatte ich! Was für ein abgefahrenes Zeug. Ich war echt sprachlos und noch bevor ich mich erholt hatte, ging der Film los.

Meine Kollegen hatte schon erzählt, dass die Handlung platt und vorhersehbar war, aber der Faktor 3D wieder alles rausholte. Und genau die gleichen Empfindungen hatte ich auch. Schon bei jeder Aussage konnte man den folgenden Konflikt, nachfolgende Inhalte und das Ende vorhersehen. Aber das war nichts, wenn man die Bilder mit eigenen Augen sah. Man war Teil des Film, Teil der Natur und es fehlte nur noch der Duft des Waldes, um das Ganze rund zu machen.

Noch während der Heimfahrt ging mir durch den Kopf, dass Amerika bei dem Film nicht so besonders gut weg kommt. Aber halt mal, machen wir das nicht jeden Tag? Sorgen wir nicht dafür, dass der Regenwald ein Stück schrumpft, weil wir unsere erkälteten Winternasen in ein kuschelig weiches Tempo-Taschentuch stecken? Ist es dem Konzern nicht völlig Schnurz, was danach kommt, wenn alles abgeholzt ist, Hauptsache die Kohle stimmt? Dazu brauchen wir kein Pandora, dass haben wir auf unserem eigenen Planeten.

Fazit: Gute Botschaft, aber leider zu schön verpackt, um sichtbar zu werden. Ansonsten wäre etwas Tiefgang wünschenswert gewesen. Und wie es der Zufall so will, blubbert hier im Hintergrund gerade so ein Track aus den frühen 90ern - Microbots "The Age".... "Earth, it's the only one we have. And it's the only planet we are able to live on".

Eine kleine Theorie

Jan 0

Ich muss mal ganz dringend wieder was über Bücher schreiben. Und da ich gerade mit einem fertig bin, leg ich doch gleich mal los. Es geht um "Das Philosophenportal" von Robert Zimmer.

Beim Philosophenportal stellen sich wahrscheinlich jedem studierten Philosophen die Haare zu Berge, weil es handelt sich um eine Art Readers Digest für Philosophiebücher. Aber für den philosophieinteressierten Leser ist es die Sammelversion von 16 wichtigen Büchern. Was richtig gut ist, dass einige Bücher auf einander aufsetzen bzw. auch vom Autor miteinander in Bezug gebracht werden. Ich muss im Nachhinein zugeben, selbst in aufbereiteter Form war Kants "Kritik der reinen Vernunft" schwer verdaulich. Ich will nicht sagen, unverständlich, aber mal fix überfliegen und sofort verstehen ist bei dem Gedankengang ausgeschlossen.

Besonders hat mir gefallen, dass die Werke nicht nur allein erläutert wurden, sondern auch das Wesen des jeweiligen Autors im Bezug auf die Zeit, in der er gelebt hat. Und so geht es von der Antike, d.h. Platons "Der Staat" bis zu John Rawls "Eine Theorie der Gerechtigkeit". Über letztere möchte ich mich gerade noch etwas auslassen, da sie ziemlich nah an unserer Zeit liegt und mir auch gefällt, auch wenn sie Schwächen aufweist.

Im Großen und Ganzen fühlte ich mich an mein Abi erinnert, wo wir Sozialkunde hatten und wir das Parteispektrum in Deutschland beleuchteten und uns unser Sozialkundelehrer vor eine Frage stellte: Was sind Themen, die aktuell politisch wichtig sind und in der nächsten Legislaturperiode berücksichtigt werden sollten? Es fielen Themen wie Arbeitslosigkeit, Wirtschaft, Bildung usw. Und er hakte nach: Angenommen, wir würden alle "Probleme" die als Kernthemen für den Wahlkampf angesetzt sind, außer acht lassen - was wären die Themen, die essentiell dafür sind, dass wir als Menschheit noch eine Chance haben, das nächste Jahrhundert zu erleben. Sofort fiel die Hälfte der bisher angesprochenen Themen weg und wir waren bei Umweltschutz, Abrüstung, alternative Energien, Wissenschaft + Forschung...

Und damit habe ich schon einen prima Übergang zur Theorie der Gerechtigkeit geschafft. Angenommen man steht davor, eine neue Gesellschaft zu bilden. Natürlich würde jeder versuchen, aufgrund seiner politischen und sozialen Stellung einen Vorteil zu erzielen. Also ist jeder im Bezug auf seinen aktuellen Status blind, Rawls nennt es den "Schleier des Nichtwissens". Und was mir dabei gefällt ist, dass es unwahrscheinlich schlüssig ist, denn wenn jeder bei der Entwicklungs von Grundsätzen der Gerechtigkeit mitwirken soll, wo er nicht weiß, welchen sozialen Status er hat, würde er automatisch dafür sorgen, dass den sozial schlecht gestellten ein Maximum zukommt - auch als Maximin-Prinzip benannt. Die Intention ist: einer Gesellschaft geht es nur so gut, wie es den sozial schwächsten geht.

Im Buch wird noch näher erläutert, dass soziale Unterschiede kein Problem sind, solange man die sozial Schwachen als Maßstab im Auge behält. Und dann auch noch der Satz, dass europäische Staaten dem Ganzen am nächsten kommen... Meiner Ansicht nach das Problem, was ich mit dem Buch habe! Alles gut und schön und wir können auch prima nach diesem Vorbild leben, haben die sozial Schwachen ein bißchen im Augenwinkel, mehren unseren Reichtum, aber leider auf Kosten derer, die dieses Gerechtigkeitsprinzip nicht haben! Und das stimmt zumindest in der Praxis - da ich das Original nicht gelesen habe, kann ich mir an der Stelle kein Urteil erlauben, aber zumindest scheint es keinen Widerspruch darzustellen. Aber wer es ganz genau wissen will, bei der Wikipedia gibts mehr dazu.

Und weil ich gerade mal wieder die Wikipedia verlinkte... In einem Interview mit der Süddeutschen lässt "Internet-Pionier" Lanier verlauten, dass die Wikipedia Mobideologie ist. Hat zwar irgendwie Recht, aber ich finde, der Artikel klingt nach einem Nerd, der von der Zeit überholt wurde und deshalb beleidigt ist, weil sich kaum einer für seine Ideen interessiert. Hallo! Die Zeiten ändern sich... Seine Kernaussage: Es warnt vor dem Kult des Kollektivs und möchte eine Wertschätzung der Individualität. Öhm, fangen wir doch mal an: Liebe Wissenschaftler, arbeitet nicht mehr in Teams und hört auf, euch auszutauschen! Doch lieber jeder für sich, ist zwar nicht so schnell, aber individueller! Ohne weiteren Kommentar...

Abmarsch!

Jan 0

Ich muss mal wieder dringend ein Update rauslassen. Denn nach der Woche in der Schweiz hat mein Leben ja nicht aufgehört. Die darauf folgende Woche verschlug es mich nach Eltville. Eltville ist wirklich nicht die Weltstadt, aber für eine Woche mal ganz schön. Wer irgendwas mit Eltville assoziieren will, dem werfe ich mal MM Sekt vor. Ansonsten kommt man sich zu Beginn etwas hilflos vor, denn der erste Eindruck ist, dass hier die Bürgersteige um 18 Uhr hochgeklappt werden und man danach keine Chance mehr hat, etwas zu essen zu bekommen.

Weit gefehlt - ein Blick auf die Webseite der Stadt offenbart, dass es einiges an Gaststätten gibt. Wir haben alles mal probiert - vom Asiaten am Bahnhof bis hin zum Anleger 511, das etwas exklusiver ist, aber äußerst hochqualitative Speisen zu akzeptablen Preisen anbietet (Merke: 11. Generation Bratwurst). Mittags ging es immer zum Italiener Da Pino am Holztor, bei dem es drei Mittagsgerichte zur Auswahl gab.

maennerherzenWieder angekommen, gingen wir mal wieder ins Kino. Auf einer Schokoladenpackung gab es Gutscheine, die wir einlösen wollten. Nur ich war so clever, die Werbung auf der Vorderseite auszuschneiden, statt den eigentlichen Gutschein auf der Rückseite. Trotzdem ging es los - Männerherzen. Das Kino war so gut wie leer, offensichtlich hatte keiner Lust auf diesen Film.

Ich bin kein großer Fan des deutschen Films, in der Regel sind diese sehr... ich weiß nicht, wie es ausdrücken soll - kalt. Es gibt sehr wenig natürliche Herzlichkeit, Wärme und Freundlichkeit. Vielleicht bin ich einfach nur in den falschen Filmen gewesen, aber dieser war auch wieder einer von denen, die mein Bild bestätigten. Til Schweiger darf ein Produzentenarschloch spielen, der haufenweise Models um sich herum hat und einen Schlagerstar produzieren soll, der sich sehr Ethno gibt und ein "Lied für die Welt" schreiben will. Christian Ulmen darf wieder den bleichen Deppen spielen, der bei den Frauen verloren hat, sobald er den Mund aufmacht. Und dann gibt es noch den Werbefutzi, der ständig plant, aber vergisst zu leben, den U-Bahn-Fahrer, dessen Frau sich von ihm trennen will, weil er seit seit einem Unfall mit der U-Bahn sehr aggressiv ist und sich aber nicht helfen lassen will und zum Schluss noch der ewige Praktikant, dessen Freundin schwanger wird.

Der Charme des Films ist eigentlich, dass überall die Fassade etwas bröckelt. Jerome ist zwar Produzent, heißt aber in Wirklichkeit Hans-Jürgen und will seine Jugendliebe zurück. Günter ist Beamter, lässt aber die Gaststätte des ewige Praktikanten mit einer Sonderregelung durchgehen. Der Planer und Werber wagt einen Seitensprung und wagt somit seiner Ehe ein ungeplantes Ende zu bereiten. Und der unbeliebte, hartherzige U-Bahn-Fahrer sorgt etwas rau dafür, dass sein demenzkranker Vater im Altenheim doch noch einmal Plätzchen backen darf. Der Schlagersänger hat Angst, dass keiner seine Schnulzen mehr mag und der Praktikant muss Verantwortung übernehmen.

Und ich glaube, damit kann ich meinen Finger genau in die Wunde des deutschen Films legen - nachdem, was ich da oben schrieb, brauche ich nur morgen auf die Straße gehen und erlebe diese Geschichten wieder. Es fehlt dem deutschen Film an solchen Stellen an der Fähigkeit, zu verzaubern und fremde Welten zu erschaffen. Man bleibt gern bei der Realität oder bereits abgeschlossenen Geschichten. Ich will damit nicht die Fiktion heraufbeschwören, aber etwas realitätsfremdes würde gut dahin passen. Beispiel: Die fabelhafte Welt der Amelie - spielt im hier und jetzt, weiß aber zu verzaubern.

Genug über den Film, jetzt gehts ans Eingemachte... ab sofort ist Ruhe hier! Zumindest für die nächste Zeit. Ab morgen löst sich mein Rechner in seine Bestandteile auf und materialisiert sich an anderer Stelle wieder. Und dort wird er frühestens ab dem 16.11. wieder ans Netz dürfen.

Kinonachtrag

Jan 4

fraeulein stinnesAlso da ist diese Frau, die sich in den Zwanziger Jahren ein Auto nimmt und damit um die Welt fahren will. Sie ist die Tochter des Industriellen Stinnes, hat an einem Rennen in Russland teilgenommen und nimmt sich vor mit einem gewöhnlichen Adler ihre Weltreise zu unternehmen. Das Unglaubliche an der Geschichte - Clärenore Stinnes und ihre Weltreise gab es wirklich.

Der Film ist weniger Spielfilm als eher ein Dokumentarspielfilm, da er sich aus gespielten Szenen und alten Szenen, die in damals aufgenommen wurden, zusammensetzt. Man sieht, wie alles nach Plan läuft, man nimmt teil, wenn die Mechaniker aufgeben und der Dokumentator Carl-Axel Söderström und Fräulein Stinnes ihre Reise allein fortsetzen. Man spürt das Scheitern, als der Wagen bei der Andenüberquerung (es gab zu der Zeit keine Straße!) liegen bleibt und man spürt die unglaubliche Energie der Frau, diesen Plan durchzuziehen, auch wenn sie ihre schwachen Momente hat.

Wo Dokumentation und Film etwas auseinandergehen, ist der Charakter der Clärenore Stinnes. In den Originalaufnahmen macht sie sehr oft einen finsteren oder neutralen Gesichtsausdruck, aber laut Aufzeichnung bzw. auch im Film wird sie als fröhliche, energische, wenn auch etwas burschikose Frau dargestellt. An ihrer Seite Carl-Axel Söderström, der im Spielfilm ungefähr 20 Jahre älter wirkt, in real aber nur 8 Jahre älter war und auch bei weitem nicht den Umfang des Schauspielers hatte. Vielleicht ist es der Ausgleich, da man sich in dem Dokumentarfilm nicht so recht vorstellen kann, wie die beiden zusammenfinden, da Stinnes bei weitem keine schöne Frau ist, was im Spielfilm durch einen wenig attraktiven männlichen Part neutralisiert wird.

Auf jeden Fall ist der Film sehenswert und schon allein der Gedanke, dass man einen gewöhnlichen Straßenwagen um die Welt jagt und ihn dabei der Hitze einer Wüste, der Kälte Sibiriens, dem Wasser von Gebirgsbächen und dem Geröll der Anden aussetzt, lässt einen milde lächeln. Die Leistung von damals ist unglaublich, wenn nicht nach heutigen Maßstäben schier verrückt.

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