Es galt mal wieder einen blinden Fleck auf der Karte auszulöschen. Wir entdecken ein Stück Slowakei und merken, dass es uns hier richtig gut gefällt, obwohl wir mitten in der Feriensaison sind.
Da war ich doch schon mal, oder?
Hätte mich jemand vor dem Urlaub gefragt, ob ich schon mal auf dem Gebiet der Slowakei war, hätte ich ohne großes Zögern bejaht. Ich war doch schon mal zu DDR-Zeiten im Ferienlager dort in der Ecke. Wir sind über Brno nach Olomouc und haben von dort aus auch Ausflüge gemacht, z.B. in die Tropfsteinhöhlen im Mährischen Karst. Das ist doch schon die Slowakei, oder?
Die Tatsache, dass der Mährische Karst noch ca. 200km von der Grenze zur Slowakei entfernt ist, ließ mich erstaunen. Also kommt doch ein neues Land zur Länderliste dazu!
Die Planung
Da meine Frau ihre Eltern in Ungarn besuchen wollte, sah der Plan vor, dass ich sie am Bahnhof in Wien einsammle, wir dann gemeinsam mit unserem Bus über die Grenze fahren und dann eine Woche campend durch die Slowakei fahren.
Als sich die Realität näherte, mussten wir einige Modifikationen an dem Plan vornehmen. Zum einen machte sich bei meiner Frau eine Erkältung breit. Andererseits sagte der Wetterbericht für ein paar Tage Regen voraus, die mit einer deutlichen Abkühlung einher gingen.
Letztlich haben wir uns von den Fakten treiben lassen und mehr oder weniger spontan entschieden, was wir unternehmen, da sich das Wetter doch sehr wankelmütig zeigte.
Anreise
Ein paar Tage bevor die Reise los ging, buchte meine Frau das Zugticket Richtung Wien. Dabei stellte sie fest, dass es einen Unterschied von 40 Euro macht, ob sie nach Wien fährt oder noch am letzten Bahnhof in Ungarn, Hegyeshalom, aussteigt. Dabei liegen beide Orte gerade mal eine Stunde Fahrzeit auseinander.
Schaut man sich die Ecke Österreich / Ungarn / Slowakei an, wird man feststellen, dass sich das auch noch viel besser verbinden lässt. Ich fuhr am Samstag Mittag los, nahm ein paar Staus mit, die mich eine Stunde kosteten und landete abends halb 8 Uhr in Kittsee. Auf der Strecke sieht man schon die Skyline von Bratislava.
Ich übernachtete auf einem Stellplatz, erkundete noch das Schloss von Kittsee und ging dann schlafen. Die Nacht war eine Katastrophe. Es fing gegen 22 Uhr an zu regnen, nein, schütten. Wir hatten schon bemerkt, dass die Gummis an den Türen regelmäßig gereinigt werden müssen, da es sonst rein tropft. Ich hatte in Erinnerung, dass ich ein paar Wochen zuvor schon alles abgewischt habe, wurde aber eines besseren belehrt. Ich saß noch da und las, als es neben mir anfing zu tropfen. Zum Glück fand ich einen Lappen, mit dem ich von innen gegensteuern konnte, sodass das Tropfen aufhörte. Trotzdem ließ das Gewitter nicht locker. Der Wind wackelte am Auto, es blitzte und donnerte und der Regen trommelte aufs Dach. Irgendwann gegen halb 12 Uhr ließ es dann nach und ich schlief ein.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war der Spuk vorüber, die Wolken zogen noch ab, ansonsten war der Himmel strahlend blau und bald kam auch die Sonne raus. Ich nutzte den Morgen, um die Türgummis abzuwischen, damit das Malheur von letzter Nacht sich nicht wiederholte.
Ich fuhr nach Neusiedl, frühstückte und tankte den Bus noch mal voll. Anschließend nahm ich die Landstraße nach Hegyeshalom. Ich kam auf die Sekunde richtig an, um meine Frau in Empfang zu nehmen. Wir zuckelten über die Dörfer in die Slowakei, bis wir auf der Autobahn waren. Eine etwas späte Mittagspause war dann kurz hinter Ružomberok, wo wir das erste Mal in Berührung mit den Nockerln mit Schafskäse bzw. Kraut und Speck kamen. Köstlich und so mächtig, dass es eigentlich für zwei gereicht hätte.
Štrbské Pleso
Wie schon erwähnt, war meine Frau erkältet und deswegen hatten wir den Plan geändert. Deswegen war unsere erste Station Štrbské Pleso. Dort hatten wir für zwei Nächte ein Zimmer in der Vila Emma. Dort war der Checkin komplett digitalisiert. Zum Glück konnten wir den ganzen Formularkram umgehen und bekamen direkte Hilfe vor Ort. Wir nahmen den Code für die Tür in Empfang und konnten damit unseren Zimmerschlüssel aus der Safety Box befreien. Wir machten die Tür auf und staunten – was für ein Ausblick!
Nachdem wir uns häuslich niedergelassen hatten, machten wir einen Spaziergang durch den Ort und zum See. Immer wieder hielten wir an, um Bilder zu machen. Danach gingen wir zurück zur Unterkunft und überlegten. Hat das Café um die Ecke noch offen? Das Café Monte Mory liegt nur unweit der Vila Emma und hat einen noch besseren Blick ins Tal.
Nach einem kleinen Snack im Koliba Kamzík gingen wir dann zurück aufs Zimmer, schauten zu, wie die Sonne unterging und schliefen dann bald ein. Der nächste Tag war Zwangspause. Einerseits, damit sich Kriszta ausruhen konnte, andererseits war der Nebel so dicht, dass man gerade mal 50m weit schauen konnte. Ein Blick auf die Webcams bestätigte, das war auch oben auf dem Gipfel so.
Am Abend ließ der Nebel ein bisschen nach und Stück für Stück kamen die Berge wieder zum Vorschein. Am nächsten Morgen war der Himmel blitzeblank. Der Nebel lag noch im Tal und wir freuten uns auf unsere Wanderung. Kriszta fühlte sich besser und wir wollten eine kleine Tour machen. Einfach, 40 Minuten zum See Popradske pleso und wieder zurück.
Aber wir redeten mit der Frau an der Rezeption. „Ach, das ist doch nichts. Ich würde ihnen empfehlen noch bis zum Velké Hincovo pleso zu gehen. Das geht nur leicht bergan, eine kleine Steigung zwischendurch und dann eigentlich flach. Und wenn sie dann noch fit sind, können sie…“ Nein, nur eine kleine Tour.
Das Stück bis zum Popradske pleso meisterten wir mit Bravour. Und wirklich, wir fühlten uns fit und nahmen die nächste Etappe in Angriff. Wir sind es so gewohnt, dass wir eigentlich viel weniger Zeit brauchen, als auf den Schildern angeschrieben steht, obwohl wir Fotostopps und Pausen machen. Die Wanderer, die mit uns die Wege gingen, waren zwar schneller, machten aber häufiger und längere Pausen, sodass wir unterm Strich doch schneller waren. Und trotzdem brauchten wir mehr Zeit, als auf den Schildern angegeben war.
Aber der zweite Teil zog sich. Dazu kam noch, dass ein frischer Wind wehte. Lief man im Windschatten eines Felsens, war es schön warm. Kamen wir aber aus dem Windschatten, mussten wir unsere Jacken wir anziehen. Und je höher wir kamen, um so kälter wurde es natürlich auch. Trotz alledem hat sich der Aufstieg gelohnt, denn Ausblick auf dem See ist wirklich unglaublich schön.
Wir hielten uns nicht lange auf, denn laut eigentlichem Plan waren wir bereits 20 Minuten zu spät. Für den Rückweg mussten wir das Stück bis Popradske pleso den gleichen Weg nehmen. Und gefühlt kamen wir nicht an. Aber der Ansturm auf den Gipfel ließ nicht nach. Uns kamen unglaublich viele Leute entgegen. Wie im Rest Europas, haben auch die Slowaken von Anfang Juli bis Ende August Ferien.
Als wir endlich an der Weggabelung ankamen, dachten wir „Nur noch 40 Minuten und wir sind da!“ Aber merkwürdigerweise zeigte der Rückweg 45 Minuten an, obwohl wir jetzt auf der kürzeren Variante unterwegs sein sollten. Dazu kam noch, dass uns von dem steinigen Weg langsam die Füße und Beine schmerzten. Nein, keine plattgewalzten Wanderwege, sondern ein Pfad, wo Steine lagen, Wurzeln und Felsen aus dem Boden ragen. Zum Schluss sind wir mehr gestolpert als gelaufen.
Die Straße zum Restaurant fühlte sich wie ein Samtkissen an. Und statt kurz nach 13 Uhr, war es mittlerweile 14 Uhr. Dafür kam das Essen schnell und die Nockerln mit Sauerkraut und Wurst waren ein Genuss. Eine anschließende Recherche offenbarte: 18,7km gelaufen mit 780 Höhenmetern hoch und runter. Nach dem abschließenden Kaffee fuhren wir weiter. Eigentlich sollten die beiden Nächte im Hotel die letzten gewesen sein. Aber für den nächsten Tag war schon wieder schlechtes Wetter angesagt.
Tatranská Lomnica
Wir stiegen in unseren Bus und fuhren nach Tatranská Lomnica weiter. Dort hatten wir ein Zimmer im Hotel Kukucka. Nach viel Laufen war uns nicht mehr. Wir hatten im Vorfeld schon einen Slot für die Sauna gebucht. Wir gingen aufs Zimmer, ruhten uns kurz aus. Dann wollten wir noch eine Kleinigkeit essen gehen. Also gingen wir in ein nahe gelegenes Restaurant. Nicht überragend, aber dafür schnell zu erreichen. Kriszta war im Laufe der Wanderung umgeknickt und konnte / wollte auch nicht mehr so weit. Dafür war die Sauna dann schön. Wir waren zwar nicht allein, aber konnten uns gut erholen.
Das Hotel hatten wir mit Frühstück gebucht, also genossen wir das ausgiebig. Laut Wetterbericht sollte es die ganze Nacht regnen bis in den Morgen hinein und dann ab Nachmittag besser werden. Doch es regnete bis zum späten Vormittag fast durchgängig. Also verzogen wir uns in ein nahe gelegenes Café und verbrachten dort etwas Zeit.
Zur Mittagszeit fuhren wir nach Kežmarok einem nahe gelegenen Ort mit ungarischer Vergangenheit. Während wir durch den Ort gingen, suchten wir uns ein Restaurant raus. Wir fanden schließlich ein einheimisches Lokal im Untergeschoss, wo wir für kleines Geld ein Tagesmenü aßen. Schön mit Vorsuppe und Hauptgericht und beides so umfangreich, dass wir schon nach der Suppe satt waren.
Starý Smokovec
Wir liefen noch etwas weiter herum, hockten uns in ein Café und fuhren dann weiter nach Starý Smokovec. Überraschung: Wir hatten wieder ein Hotel gebucht. Obwohl das Wetter sich jetzt bessern sollte, waren für die Nacht Temperaturen um den Gefrierpunkt angesagt. Wir hatten noch ein Café für den Nachmittag herausgesucht. Im Gegensatz zu den anderen Orten, wo wir vorher waren, war Starý Smokovec doch sehr touristisch und dementsprechend sehr belebt. Dafür war das Café mit seinen selbst gebackenen Kuchen (man konnte in der Küche beim Backen zuschauen) super.
Danach liefen wir noch etwas durch den Ort und sahen, wie sich auf einer Bühne Musiker versammelten. Gegenüber war ein Gaststätte, die jede Menge verschiedene Biere anboten. Also nahmen wir zwei Liegestühle in Beschlag und ließen uns nieder. Gegen 18 Uhr begann eine einheimische Rockband. Nur in slowakisch, d.h. wir konnten uns keinen Reim drauf machen. Aber stilistisch doch eher so Classic Rock. Bis Sonnenuntergang hielten wir durch, dann gingen wir ins Hotel, weil es zu kalt wurde.
Als wir das Hotel bezogen hatten, mussten wir feststellen, dass wir getrennte Betten hatten. Also fragten wir nach, ob es auch noch ein Zimmer mit einem Bett gab. Da wir schon die ganzen Nächte zuvor in der gleichen Hotelkette übernachtet hatten, bekamen wir ein Upgrade. Wir bekamen ein Apartment mit separatem Schlafzimmer, Wohnzimmer, Bad und Küche. Genau das Richtige für uns Camper!
Den nächsten Morgen war wieder Wandern auf dem Programm! Diesmal aber nur eine leichte Tour. Wir liefen vom Hotel parallel zur Seilbahn den Berg hinauf. Es gibt einen Wanderweg mit Steinen oder die Straße. Beide unterscheiden sich nicht wesentlich von der Länge, also nahmen wir die Straße. Ab der Bergstation gingen wir weiter. Das erste Stück führt noch durch den Wald, später liefen wir eine lange Zeit am Bach entlang.
Unser Ziel war einfach nur eine Hütte, die mitten im Wald stand. Zamkovského chata – dort kann man auch essen und trinken. Die Nahrung wird aber auch jetzt noch von Transportern die Berge hochgetragen. Auf dem Weg zurück kam uns so ein Träger entgegen. Die Sherpas der Hohen Tatra sind seit über 100 Jahren als Versorger der Hütten tätig. Zurück in Starý Smokovec gingen wir in ein Café eines solchen ehemaligen Trägers, der uns zahlreiche Artikel und Bücher mit zu unserem Kaffee besteuerte. Wir erfuhren, dass der Rekord bei über 100kg pro Transport liegt und die Träger vor Corona ca. 8 Euro pro Kilogramm erhielten. Aus den Artikeln lasen wir, dass die Träger zwischen einer und drei Touren pro Woche machen.
Natürlich kommt man da schnell auf erträgliche Summen, aber sind wir doch mal ehrlich. Wenn ich auf einen Marathon trainiere, laufe ich den einmal im Jahr und den Rest der Zeit laufe ich maximal 2/3 der Strecke. Und ich denke bei den Lastenträgern ist das nicht anders. Und 70kg ca. 10 bis 15km bergauf tragen – da muss man schon sehr sportlich sein.
Auf dieser Wanderung wird uns deutlich, dass die Tatra in den letzten Jahren umwelttechnisch sehr gebeutelt wurde. 2004 zerstörte ein Orkan eine große Fläche. Aber mittlerweile sieht man an diesen Stellen schon überall die neuen grünen Nadelhölzer nachwachsen. Dann kam der Borkenkäfer und ließ übrigen Bäume sterben. Was dazu führte, dass 2018 ungefähr 30 Hektar durch einen Waldbrand vernichtet wurden. Deswegen sind unsere Fotos ein stilles Zeugnis des aktuellen Zustands. Überall liegen die gigantischen Hölzer herum, weil es zu aufwändig wäre, das Holz abzutransportieren. Wie wir mitbekommen haben, hat sich die Slowakei lange überlegt, was richtig wäre. Man hat sich aber mittlerweile entschlossen, die Natur das selbst regeln zu lassen.
Podlesok
Nach unserer Wanderung und einem abschließenden Kaffee geht es weiter. Ab jetzt steht Camping auf dem Plan. Erster Halt ist Podlesok. Podlesok ist eigentlich keine Ortschaft, wo jemand wohnt, sondern eher der Zugang zu einem Wandergebiet mit angeschlossenem Campingplatz. Wir suchen uns einen schönen Stellplatz für den Bus, laden ein paar Sachen aus und gehen dann noch im Nachbarort etwas essen.
Wir nutzen den späten Nachmittag zum Ausruhen. Es ist zwar schön warm, aber es geht ein starker Wind durchs Tal. Nach Sonnenuntergang wird es so schnell frisch und verkriechen uns in den Bus. So gehen wir zeitig schlafen und stehen am nächsten Morgen mit den ersten Sonnenstrahlen auf. Das ist gut so, denn wir wollen die Suchá Belá entlang laufen. Das ist eine Klamm, die mit vielen Leitern und Tritten entlang und stellenweise auch durch den dort fließenden Bach führt. Und je zeitiger man startet um so höher die Chance, dass man nicht auf Leute warten muss, die etwas langsamer unterwegs sind.
So ist es ziemlich lang ganz schön frisch, während das kühle Wasser an uns vorbei rauscht. Erst gegen Ende des Aufstiegs, wenn man auf knapp 1.000 Meter über normal Null ist, kommt die Sonne. Oben angekommen machen wir eine kleine Pause, laufen dann den Kamm entlang und dann wieder zurück nach Podlesok.
Nachdem wir wieder auf dem Campingplatz sind, ziehen wir uns um, laden alles ein, essen im Nachbarort Mittag und fahren weiter. Wir machen noch einen kleinen Umweg über Levo?a. Dort trinken wir in der schönen Altstadt einen Kaffee und dann machen wir uns langsam auf den Heimweg.
Neusiedler See und Heimreise
Slowakei klingt nicht so weit, aber selbst wenn man die kurze Strecke über Tschechien nimmt, sind es 900km. Nach den ganzen kalten Tagen zuvor will Kriszta noch mal Sonne tanken und deswegen machen wir einen Zwischenstopp mit Übernachtung. Gegen 15 Uhr fahren wir los und es geht lange Zeit schleppend voran, da es keine Autobahn, weil wir erst durch die Berge müssen, um wieder auf die Autobahn zu kommen. Je näher wir Österreich kommen, um so weiter klettert das Thermometer nach oben.
Wir parken wieder beim Kittsee und gehen zeitig schlafen. Früh scheint schon die Sonne in den Bus, als wir munter werden. Frühstückskaffee bei McDonalds und ab ins Freibad am Neusiedler See. Wir sind fast die ersten, die da sind. Zu Beginn sind noch die Enten in der Überzahl, die schnatternd an uns vorbeiwatscheln und das taufrische Gras zupfen. Dann gesellt sich eine Yoga-Gruppe in unsere Nähe und machen ihre Morgenstunde. Als es Mittagszeit wird, ist die Zeit für den Aufbruch gekommen.
Auch wenn wir schon einiges an Strecke hinter uns gebracht haben, liegen noch 650km vor uns. In Bayern machen wir noch einen Stopp für ein zeitiges Abendessen und fahren dann heim. Als wir daheim ankommen, hängt gerade eine Gewitterzelle über Bamberg und lässt uns nur Schritttempo über die Dörfer fahren.













