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Plattenkiste Juli 2025

Jan 0
geschätzte Lesedauer: 6 Minuten

Der Struggle mit der vielen Musik geht weiter, aber ich glaube, ich habe eine Lösung für mich gefunden. Deswegen nimmt die Plattenkiste Juli 2025 noch eine reduzierte Position ein. Ich hoffe, dass sich das im August wieder etwas ändert.

Außerhalb des Monats

Okay, ich muss umdenken! Wer die Plattenkiste letzten Monat komplett gelesen hat und mit einem mulmigen Gefühl rausgegangen ist – kann ich verstehen. Optimismus sieht anders aus. Und ich glaube, den Grund dafür gefunden zu haben. Ich versuche gerade folgendes:

  • Musik aus meiner Plattenkiste hören
  • Neue Musik zu entdecken
  • Alte Musik, die ich bisher nicht kannte, zu erforschen
  • Promos zu hören

Merkt ihr was? Hier fließen vier Ströme auf mich ein und ich versuche alles aufzusaugen. Das geht gerade nicht mehr gut. Aus dem Grund muss ich irgendwo den Hahn zudrehen. Vielleicht mache ich dann für meine Plattenkiste ein drittes Fach auf. Bisher gibt es die Sammlung, also alles was ich hören möchte und die Anti-Sammlung, d.h. alles was ich nicht noch mal hören möchte.

Hier fehlt zwischen Elektron und Proton das Neutron. Der neutrale Ruhepol. Etwas was Masse hat, aber einfach sein darf. Ohne sich positiv oder negativ in den Vordergrund zu drängen. Also Musik, die mal gehört wurde, aber nicht in die Dauerrotation muss. Natürlich dürfen sich die Platten zwischen den drei Zuständen hin und herbewegen.

Platte des Monats

Seph - Fiera

Seph – Fiera

Seph mit einem neuen Album. Nachdem das letzte Album bei mit den Award Record Of The Year 2024 abgeräumt hat, liegt die Erwartungshaltung entsprechend hoch. Das Album heißt Fiera und erschien bei dem kolumbianischen Label Insurgentes. Das Wort hat mich interessiert und zu Insurgenten geführt, was mir aber nicht weiter half. Insurgenten führen einen Insurrektionskrieg. Aber das ist als würde ich ein Ei mit Eiweiß und Eigelb erklären. Ein Insurrektionskrieg findet statt, wenn eine kleine, nicht gut ausgerüstete und organisierte Gruppe Krieg gegen eine gut ausgerüstete Übermacht führt. Deswegen kommt es nie zur direkten Konfrontation, sondern die kleinen Gruppen sind dann auf die Mithilfe von anderen angewiesen oder stacheln Bevölkerungsgruppen zum Aufruhr an.

Ich denke, die Einleitung ist wichtig, um Fiera und seine Bedeutung für das Label zu verstehen. Insurgentes hört auf. Und bringt Fiera als letztes Album. Ich fand Mitte der 1990er die Alben von Autechre wahnsinnig gut. Bis zu dem Zeitpunkt, wo sie begannen die Songstrukturen aufzulösen und mein Hirn verzweifelt versuchte noch irgendein Muster zu erkennen. Fiera arbeitet hier noch knallhart an der Grenze. In gewisser Weise sind noch repetitive Strukturen zu erkennen. Aber da sich darauf auch noch Effekte legen, ist kein Durchlauf wie sein Vorgänger. Wer schon mal bei einer Fishbowl-Diskussion mitgemacht hat, weiß wie es da abgeht. Manche sind lange in der Mitte, manche kommen nur kurz dazu und machen einen Einwurf und gehen wieder. Manchmal entsteht ein Moment der Stille, bevor die Diskussion wieder aufflammt. Und so fühlt sich das Album an.

Acht Stücke – die ersten beiden Tracks führen langsam zum Thema hin, um in diesem nervösen Dribbeln zu verbleiben. Ich kann nicht mal eine annähernde Angabe zu den BPM machen. Wie schon gesagt, dazu fehlen wiederkehrende Elemente. Aus dem Grund ist es schwierig das Album zu verorten. Ist es IDM? Drum & Bass? Auf jeden Fall wahnsinnig komplex und auf keinen Fall ein Album, was man nur nebenbei hören sollte.

Springing (Satya)

Springing (Satya)

Die Springing von Satya ist quasi mein Abschied von dem Label. Mittlerweile kommen die Releases so regelmäßig, dass ich hier zwei bis vier Releases pro Monat aufführen könnte. Doch mit steigender Quantität geht auch ein Verlust an Qualität daher. Wie ich es auch schon bei Meta erlebt habe, zieht Satya nach. Nicht, dass die Musik nicht schön ist, aber nach ca. 20 Releases synchronisiert sich die Harmonie zwischen den Releases und lässt dann nur noch wenige Ausreißer zu.

Mit einer fluffigen Ibiza-Mischung von deepem, tanzbaren Tech-House kommt die Springing daher. Neun Titel, die von Labelgründer YokoO, aber auch von Leuten kommen, die schon auf Satya released haben, wie Haider Uppal, Vincent Casanova oder Canavezzi. Als ich die Compilation durchgehört habe, spürte ich den Funken wieder, den ich verloren geglaubt habe. Und genau deswegen musste diese Satya noch mal sein.

Aural Imbalance - Light Curve

Aural Imbalance – Light Curve

Es ist unglaublich schwer zu beschreiben, was die Musik von Aural Imbalance in mir auslöst. Das ist wie ein Regen, der nach einem heißen Sommertag fällt und trotzdem die Sonne scheint. Die Wassertropfen funkeln und reflektieren das Licht, die Luft riecht unglaublich frisch und der Wind sorgt durch die Verdunstungskälte für eine frische Brise.

Auch wenn es für andere klingen mag, als würden die Bandmitglieder an den Synthesizern langsam einschlafen, während der Drummer gerade noch eine Palette Red Bull getankt hat und noch mal richtig aufdreht. Es ist ein die perfekte Symbiose zwischen nervösem Dribbeln und einem sanften Streicheln. Und bis ich die richtigen Worte gefunden habe, ist die Light Curve schon wieder längst vorbei. Solche Musik darf man nicht als EP veröffentlichen, dann lieber zwei EPs zu einem Album vereinen.

Biosphere - The Way Of Time

Biosphere – The Way Of Time

Biosphere ist definitiv einer der Künstler meiner Generation. Was er musikalisch mit einem Album erreicht hat, da warten einige bis heute darauf. Bis Anfang der 1990er war das Image für die Jeans der Cowboy. Jeans waren dafür gemacht, im Wilden Westen auf Pferden zu reiten und ewig zu halten. Bis Levi’s 1995 mit dem Image brach. Zwar blieb man einem Retro-Film, aber die Musik war aus der Zukunft. Die Musik: Novelty Waves vom Album Patashnik. Techno in der Jeanswerbung? Das war das Gendersternchen der Cowboy-Generation.

Aber die junge Generation liebte diesen Sound und das Album stand in vielen Regalen. Und dabei blieb es auch, weil sich Biosphere mehr dem Ambient zuwendete. Erst Mitte des neuen Jahrtausends begann er seine alten Sachen zu sortieren und ließ den alten Sound wieder aufleben. Die Patashnik 2 mit den Demos war ein Schritt zu dem, was jetzt erschienen ist.

Wahrscheinlich haben wir alle noch die Stimme im Kopf, die am Beginn des Tracks SETI Project fragt „Can you imagine an extraterrestrial disc jockey? Like listening to radio waves from space.“ Dieses Mal schnappt sich Biosphere Joan Lorrings Stimme von Elizabeth Madox Roberts’ Novelle „The Time Of Man“ und verpackt sie zu The Way Of Time. Das Album ist natürlich kein Patashnik, aber eine neue Interpretation davon. Ambient-Techno neu gedacht und mit neuen Samples bestückt. Als ich gerade noch mal das Album durchlaufen ließ, rutschte aus versehen der 1994er Track „The Third Planet“ mit in die Playlist. Und ich fühlte da keine Kante.

Orbital - Orbital 2 (The Brown Album - Expanded Edition)

Orbital – Orbital 2 (The Brown Album – Expanded Edition)

Orbitals braunes Album aka Orbital 2 war mein erstes Album, was von Orbital hatte. Zu oft lief Lush 3-1 auf MTV und der harte Bass, der gegen den sanften Sound anging, war schon was faszinierendes. Und Orbital schienen auch Künstler zu sein, die schon frühzeitig erkannten, dass der Mensch einen negativen Einfluss auf den Planeten Erde hat. Der Titel Impact (The Earth Is Burning) erzählt davon.

Deswegen war ich später total fasziniert, als ich das vierte Album In Sides kaufte, das 1996 erschienen war und dort las, dass sie den ersten Track The Girl With The Sun In Her Head komplett nur mit Solarenergie erstellt hatten. Leute, 1996! Das war vor 30 Jahren und heute glauben immer noch irgendwelche Dullis, dass man mit Atomkraft was reißen kann. Technologischer Fortschritt scheint für manche damals stehen geblieben zu sein.

Wir haben jetzt 2025 und Orbital haben nach der umfangreichen Veröffentlichung des grünen Albums nun die Expanded Edition des braunen Albums herausgebracht. Original erschien dieses Album 1993 und dass der Sound eigentlich noch viel früher schon fertig war, zeigen Live-Aufnahmen der Tracks aus dem Jahr 1992. Und so ist die erweiterte Edition wie ein gigantischer Flashback zurück in die frühen 1990er. Alles war noch nicht so perfekt. Dinge durften noch den Abstand zur Perfektion halten. So kommen neben den 10 originalen Titeln noch Remixe von Lush, die von z.B. Underworld, CJ Bolland geliefert werden und Live-Aufnahmen zu insgesamt 35 Titeln.

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