Nach unserem Ausflug auf Saaremaa sah das Auto sowas von dreckig aus, dass ich den alten Witz umbauen mußte:
A: Sag mir was Schmutziges! B: Auto!
Was uns im Laufe des Urlaubs immer wieder negativ auffiel: Überall waren Fernseher angebracht und nicht, dass dort irgendwelche Nachrichten- oder Musiksender liefen, nein, es waren stinknormale Fernsehprogramme. Also wurden wir heute zum Frühstück Zeugen einer Folge: "Komisaras Reksas". Überhaupt fiel uns auf, dass es drei Möglichkeiten der Synchronisierung gab:
- keine, Original mit Untertiteln (war mir noch am liebsten)
- ein Sprecher, der über den Originalton männliche und weibliche Stimmen emotionslos und wertungsfrei sprach
- zwei Sprecher (männlich und weiblich), die genauso monoton das jeweilige Geschlecht synchronisierten
Das Wetter war heute diesig, aber da wir viel fahren wollten, störte das nicht. Das Bernsteinmuseum von Palanga liegt mitten im Botanischen Garten - wunderschön. Unser Timing für den Besuch war perfekt - wir stürzten mit etlichen Schulklassen durch die Ausstellung. Die Artefakte und Exponate waren beeindruckend, hätten aber auch auf englisch oder deutsch beschrieben sein können, so gab es nur litauisch und russisch.
Wie man auf dem Bild erkennen kann, vertritt man auch in Litauen die Ansicht, es gibt so etwas wie Evolution.
Mit Fahrer- und Schlafwechsel fuhren wir weiter nach Kaunas und stiegen wieder in unserem Hotel ab, dass wir schon beim ersten Besuch bezogen hatten. Dann schauten wir uns bei Sonnenuntergang den Zusammenfluss von Nemunas und Neris an und gedachten wehmütig der ersten Tage. Und deswegen gab's ein Abschiedsessen im liebgewonnenen Čili Pica. Dort wurde auf einem 16:9 Fernseher ein 4:3 Video über Holland gezeigt, was mich zu der Aussage verführte: "Lass uns nach Holland fahren, dort sind die Leute breit"
Früher war ich dem Irrglauben aufgesessen, dass ein Sonnenuntergangsbild auf dem Strommasten oder Kräne drauf sind, zur Kategorie "Industrieromantik" gehören. Seit heute weiß ich - es sind Profanfotos der Neo-Postmodernen. Geprägt wurde das Ganze durch den Reiseführer der das Haus, im dem ein Abbild des Donnergotts Perkunas gefunden wurde, als Profanbau der Neogotik bezeichnete.
Unsere Route führte uns heute von Riga nach Klaipeda, dass wir auch 16 Uhr erreichten. Das Hotel hatten wir relativ schnell gefunden und buchten uns für 3 Nächte a 180 Lita ein. Dann ging es in die Altstadt. Da Klaipeda dem Zerstörungswahn mehrerer Völker nachgeben mußte, war die Stadt im Stile des Sozialismus errichtet worden. Also waren wir mit unserer Besichtigung relativ schnell fertig. Bevor wir unsere nächste Tagestour zu planen begannen, gingen wir noch in eine Jazz-Kneipe und nahmen einen Happen zu uns. Offensichtlich hatten wir die Bedienung gerade beim Schwatzen / Fernsehen gestört und so wurden wir auch behandelt. Wir beschlossen uns zu rächen und abends zum Jazz-Konzert wieder zu kommen.
Danach ging es wieder ins Hotel, Karten schreiben. Und dann ging es in die Jazz-Kneipe. Dort gönnten wir uns leckeres Fingerfood. Dann wurde es richtig schlimm, eine ziemlich angetrunkene Prostituierte war auf der Suche nach Kundschaft und schwankte zwischen den Tischen hin und her und wurde dabei richtig aufdringlich. Nur gut, dass sie bald das Lokal verließ und wir uns der Musik ungestört zuwenden konnten.
Gegen halb zehn weckte ich mehr oder weniger gewaltsam meinen Kumpel auf und wir setzten uns ins Auto und fuhren Richtung Norden. Unterwegs fanden wir einen McDonalds und wollten uns ein Frühstück genehmigen. Wir wurden verstutzt angesehen: "Breakfast???" Also nahmen wir einen "leckeren" Salat und wenigstens einen Saft und natürlich - Kaffee.
Danach kam die Grenze nach Lettland. Lettland kam auf unserer Reise leider ein wenig zu kurz, aber die Zeit war ja ohnehin knapp. Nach Wechselstuben suchten wir hinter der Grenze leider vergeblich. Lettland hat als Währung den Lat, wobei 1 Lat = 66 Eurocent sind. Richtig - der Lat hat einen höheren Wert als der Euro. Also steuerten wir ohne Lat das Schloss Rundāle an und mußten leider Postkarten und Eintrittskarten mit Kreditkarte bezahlen - 3 Lat. Ein wirklich sehr schönes Schloss, für das auch eine Menge getan wird. Der Garten befindet sich zwar gerade im Aufbau, ist aber traumhaft schön.
Problem des Ganzen war nur, dass das einzige Hotel in Bauska (10.000 Einwohner) geschlossen hatte. Auf einer Hinweistafel fanden wir eine modernisierte Villa, die zum Hotel umfunktioniert war. Also fuhren wir dorthin (10 Kilometer) und dann zu erfahren, dass eine Nacht 100 Lat (ca. 150 Euro) kostet. Nachdem wir die Nacht davor 15 Euro gezahlt haben, war das unseres Ermessens nach unerschwinglich. Unterwegs hatten wir jedoch einen Zeltplatz mit Hüttensymbol gesehen, dass sich als Bed & Breakfast ( B&B ) herausstellte. Dort kamen wir mit 10 Lat pro Person unter.
Ich war schon munter, als mein Kumpel gegen 8 etwas unsanft von einer Alarmanlage geweckt wurde. Heute morgen konnten wir auf ein reichlich gedecktes Frühstücksbüffet zurückgreifen. Gegen 10:00 Uhr haben wir alles verstaut und starten Richtung Vilnius. Gegen Mittag erreichten wir das Freilichtmuseum von RumÅ¡iÅ¡kes. Wir liehen uns für den 6 Kilometer langen Kurs ein paar Fahrräder aus und dann ging es los durch die 4 ethnografischen Zonen Litauens. Es wurden Gehöfte unterschiedlicher sozialer Schichten gezeigt (insgesamt 140 Gebäude) die aus allen Ecken Litauens kommen. Speziell für dieses Museum wurden die Häuser zerlegt, transportiert und passend zur Landschaft wieder aufgestellt. Nach gut 2,5 Stunden waren wir mit der Besichtung fertig.
Nach einem halbstündigen Fußmarsch erreichten wir dann abends wieder das Stadtzentrum und fanden (mehr oder weniger durch Zufall) den nächsten Cili Pica, wo wir uns noch einen Kaffee gönnten, um dann heim zu fahren. Auf dem Weg dorthin hörten wir ein Motorrad anfahren und auf einmal scherbelte es und das Motorrad flog im hohen Bogen durch die Luft. Dem Fahrer war nichts passiert, aber das Motorrad hatte einige Beulen abbekommen. Ursache für den plötzlich Abgang war wohl ein Gullydeckel, auf dem er Gas gegeben hatte.
Gegen 6 Uhr sind wir freiwillig unfreiwillig wieder von dem stärker werdenden Verkehr munter geworden. Bei den Handtüchern war ich mir nicht so sicher, ob die noch vom letzten Besucher dahingen, rochen aber frisch, also ab unter die Dusche.
Bewaffnet mit den Scheinchen entschlossen wir uns erstmal was zu essen. Wir setzten uns in der Nähe der orthodoxen Kirche in eine Gaststätte (bei dem Wetter natürlich draußen). Vorher hatten wir die nähere Umgebung schon mal sondiert und uns einige Sehenswürdigkeiten angesehen. Als wir dann eine litauische Dance-Version von "Schni-Schna-Schnappi" hörten, sahen wir zu, dass wir eine Unterkunft finden.
Zwei Tage waren bereits vorüber. Da wir Freitag, den 30.09. wieder da sein wollten (Ich wollte Loni endlich wiedersehen), wollten wir zum einen über Nacht durch Polen fahren, da der Verkehr dann weniger ist und zum anderen diesmal über Poznan auf den Berliner Ring fahren und von dort aus wieder nach Dresden, sodass ein weiterer Tag für die Rückfahrt verplant war. Inklusive der oben aufgezählten Planung hatten wir also noch zwei weitere Tage, die wir uns aber frei hielten, wenn wir irgendwo länger bleiben wollen.